Foto: Oliver Berg
Münster: Hans Henning Paar «Circ...us»
Der Clown des Großvaters war der tolldreiste Anarchist (man denke an Keaton oder Chaplin). Auch der Clown des Vaters, wie der letztes Jahr verstorbene Clown Dimitri, hat der Figur noch ein Lachen entlockt (tanz 10/16). Der Clown der Kinder heute aber ist böse, so böse, dass ein Würzburger Gericht zwei Horror-Clowns unlängst wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt hat. Der Clown ist die Schreckfigur der Stunde. Vielleicht deshalb versetzte die Münsteraner Premiere von «Circ...us» das Publikum bereits in Panik, als «freie Platzwahl» erlaubt wurde.
Die Suche nach dem besten Sitz war für viele schon fast zu viel. Als dann noch zwölf Tänzer mit künstlichen Wulstlippen, durchsichtigen Plastikmasken samt aufgemaltem Clownsmund oder medusenhaft vier Köpfe tragend über die ovale Arena rauschen – eine Leistung des Bühnenbildners Bernhard Niechotz –, hatten diese Art von Clowns jeden Rest von Sympathie gleich am Anfang verspielt. Da konnte Hauschoreograf Hans Henning Paar zum Schluss noch so sehr versöhnen wollen mit einem Eisbär als bedauernswertem Biest, es war klar: Der maskierte, verhüllte Clown, auch wenn es ihn immer schon gab, ist ein teuflischer Gesell, der dann auch noch ...
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Tanz Juli 2017
Rubrik: Kalender und Kritik, Seite 44
von Arnd Wesemann
Es wird nie mehr auf Reisen gehen, Madrid nie mehr verlassen. Kein Jubiläum, kein noch so verlockendes Angebot kann die Kuratoren des Prado dazu bringen, Hieronymus Boschs monumentalen «Garten der Lüste» außer Haus zu geben. Zu wertvoll, zu einzigartig und in der Substanz zu fragil ist das Triptychon, das trotz sakraler Anmutung doch nie einen Altar zierte....
Die Frau im weißen Anzug ist mir damals sofort aufgefallen. Sie stand im Foyer der Deutschen Oper Berlin. Es muss Mitte der 1990er-Jahre gewesen sein. Und plauderte. Welche junge Frau zeigte sich damals schon in einem weißen Anzug? Das Premierenpublikum in der Bismarckstraße trug entweder schwarz oder aus der Mode gekommene Abendkleider garniert mit Fettpolstern....
Es war Zufall, dass ich bei dieser Geburt einer Tanzkompanie direkt neben der Mutter von Richard Siegal zu sitzen kam. Ihre Nervosität wurde so auch meine, als sie sagte, es sei überaus riskant, eine freie Gruppe in München zu gründen, in einem System, das – staatlich finanziert – doch ganz sicher die etablierte Konkurrenz bevorzugen wird. Und dann erzählte die...