Damien Jalet, Imre & Marne van Opstal «V/ertigo»
Die Welt auf den Kopf gestellt, zweimal vierzig Minuten lang an einem Abend – ganz schön ehrgeizig für den neuen Tanzabend des Hessischen Staatsballetts: «V/ertigo» (Schwindel), bestehend aus den Schwesterstücken «Skid» von Damien Jalet (tanz 4/22) und «I’m afraid to forget your smile» von Imre und Marne van Opstal.
Bringt Jalet auf schräg-steiler Tanzfläche ganz den physikalischen Höhenrausch zwischen Skydiving und alpin-militärischem Kletterdrama zur Geltung, so gehen die Opstal-Geschwister eher ins Metaphysische und zeigen uns eine verkehrte Welt: das Reich der Toten, wo die Ahnen auf dem Kopf gehen. «I’m afraid to forget your smile» ist als Kammerspiel für zwei Tänzerinnen, vier Tänzer und den Opernchor angelegt. Titelgetreu erzählt es von Tod und Trauer. Was psychologisch mit zärtlichem Gesang im Nachgefühl der Lebenden anhebt («April Rain»), steigert sich in sakrale Anrufungen Gottes und wird zur klingenden, getanzten Unterweltswanderung. Mit Kompositionen von Ola Gjeilo und Eric Whitacre erklingen Verse von Charles A. Silvestri auf den frühen Tod seiner Frau («The Sacred Veil») und eine mittelalterliche Jenseitsballade.
Schöner Einstieg, wenn die zur Feier des Leibes im ...
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Tanz 11 2022
Rubrik: Kalender, Seite 38
von Marcus Hladek
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