apotheose des opfers
1973, mit dem Tod von Mary Wigman, gelangten die umfänglichen, von ihr selbst akribisch (aus-)sortierten Aufzeichnungen ans Berliner Archiv der Akademie der Künste (West). Das geschah in einer Zeit, als die Aufarbeitung des Nationalsozialismus hoch oben auf der Fahne stand und eine These schnell die Oberhand gewann: Alle Künstler, die sich bis 1945 nicht eindeutig im Widerstand oder im Exil befanden, genossen mindestens die Sympathie der Nazis – somit auch die Tänzerin, Pädagogin und Choreografin Mary Wigman.
Derlei Behauptungen benötigten oft nur mäßig kräftige Argumente, hier die der «Grotesktänzerin» Valeska Gert: «Eine Tanzdarbietung», sagte sie, «muss nach saurem Schweiß riechen, ethisch sein, wirrgeistig und langweilig. Genialität ist weniger erwünscht als Solidität. Weil der Durchschnittsdeutsche kein Selbstvertrauen hat, hält er nur die Kunst für groß, die er nicht versteht und die ihn langweilt. Mary Wigman erfüllt als einzige Tänzerin alle diese Bedürfnisse des deutschen gebildeten Mittelbürgers und ist darum zur Nationaltänzerin geworden.»
Die Mary-Wigman-Gesellschaft, am 23. November 1986 zu Wigmans 100. Geburtstag gegründet und nach genau 25 Jahren wieder aufgelöst, ...
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Tanz November 2013
Rubrik: traditionen, Seite 56
von Arnd Wesemann
«Halten Sie es für ganz und gar unmöglich, dass ich auf einem weichen, geduldigen Spaziergang Riesen antreffe, Professoren die Ehre habe zu sehen, mit Buchhändlern und Bankbeamten im Vorbeigehen verkehre, mit angehenden jugendlichen Sängerinnen und ehemaligen Schauspielerinnen rede, bei geistreichen Damen zu Mittag speise, durch Wälder streife, gefährliche Briefe...
Dies war ihre letzte Premiere in Saarbrücken; die Donlon Dance Company gibt es nicht mehr, die Leitung des Balletts haben die Assistenten übernommen. Vor dem Theaterzelt direkt neben einer akuten Staatstheaterbaustelle toste stoisch der Lärm der Stadtautobahn. Dieses Monstrum ist das Wahrzeichen Saarbrückens: eine betonharte Ortsumgehung schneidet sich mitten durch...
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nordwind-festival
Es ist doch so: Wickie, Pippi Langstrumpf und Pettersson & Findus gehören zum Inventar jeder Kindheit, aber ausgewachsene Mitteleuropäer bekennen sich zu Skandinavien und Smørrebrød meist nur als Sommerfrischler, die nach erträglichen Hitzegraden dürsten. Ein Fehler, denn das weite Feld der Theaterkunst beackern...