Vital oder letal?

Der Spagat zwischen Bewahren des Tanzerbes und Erneuern wird zur Zerreißprobe. Nicht nur in Hamburg

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2014 ging Jiří Kylián einen radikalen Schritt. Er entzog dem Nederlands Dans Theater (NDT) für drei Jahre die Aufführungsrechte für seine Stücke. Fast ein Vierteljahrhundert lang, von 1975 bis 1999, hatte der Tscheche als künstlerischer Direktor die Ästhetik der Compagnie in Den Haag geprägt und das NDT weltberühmt gemacht; weitere zehn Jahre war er der Compagnie als Hauschoreograf verbunden gewesen. Und nun das.

Er habe vermeiden wollen, dass das NDT zur Repertoirecompagnie werde, erklärt er anlässlich des vierteiligen Kylián-Abends «Bella Figura» beim Ballett Zürich in einem Interview für die «Neue Zürcher Zeitung» (vom 12. Januar 2019). «Der Schatten des Herrn Kylián sollte der jüngeren Generation nicht ständig über die Schultern schauen. Die sollen sich auf eigene Ideen und Kreationen konzentrieren.»

Dies tat die Crew um den damaligen künstlerischen Direktor Paul Lightfoot. Und fand offenbar Gefallen an der neuen Freiheit. Unser Gespräch in Zürich fand 2019 statt, die drei Jahre waren um. Das NDT hatte noch immer keinen Kylián im Programm. Aber im kommenden Jahr, versprach der Choreograf – es war deutlich, dass er sich darauf freute. Eine Spielzeit zum 60. Jubiläum des NDT ...

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Tanz August/September 2025
Rubrik: Hinter den Kulissen, Seite 54
von Lilo Weber

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