Foto: John Hogg

Rom: Dada Masilo «Giselle»

Akt zwei: Hilarion drückt sich auf die Bühne. Keine Spur von Giselles Grab, dafür taucht eine unheimliche Frauengestalt in dunkelrotem Kleid auf. Es ist eine Wili, wie Heinrich Heine sie nannte, korrekt slawisch Víla genannt: der Geist einer Braut, die vor der Hochzeit gestorben ist. Im französischen Ballett «Giselle, ou les Wilis» von 1841 haben Wilis die berühmten weißen, wadenlangen Röcke an. In der Interpretation der südafrikanischen Choreografin Dada Masilo tragen sie ebenfalls Tüll, aber in der Farbe von geronnenem Blut.

Und die Wili-Herrscherin, die hier dem Wildhüter Hilarion in der von William Kentridge skizzierten Landschaft Südafrikas begegnet, hat die Peitsche mitgebracht.

Myrtha tritt als Mann im Tüllrock-Kleid mit Federstab auf, was einem traditionellen Sangoma-Heiler nachempfunden ist. Masilos zweiter Akt ist ein Showdown in beeindruckend klarer Choreografie. Nach kurzem, erzwungenen Tanz flieht Hilarion in Panik, und schon gerät Thabani Ntuli als Prinz Albrecht in eine Wili-Schar, zu der auch Giselle gehört. Den Händen der Geister entweichen weiße Wölkchen.

In düsteren, vollendet getanzten Szenen braut sich eine Spannung zusammen, die bis zum Ende anhält. Wild ...

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Tanz Oktober 2017
Rubrik: Kalender und Kritik, Seite 46
von Helmut Ploebst

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