Natur macht erfinderisch
Keine Kunst ist so sehr in der Natur wie die Tanzkunst. Sie ist randvoll mit Physik, Biologie, Chemie, Medizin, Neurologie und Anthropologie. Nur ein einziger Sprung auf die Bretter bedeutet schon eine so komplexe Welt aus Gravitation, Selbstorganisation, Chaos-Theorie, Mnemo-Physiologie, Adrenalineskalation und Biomechatronik, dass man fast schon sagen darf, hier ist gar keine Kunst. In jedem Épaulement steckt das Wunder der Natur, in jeder Kniebeuge eine Zoomorphie aus Evolution und Neuronenfeuerwerk.
Auch jede Choreografie enthält solch natürliche Phänomene, etwa die der Organisationstheorie. Choreografie erscheint zwar als eine dirigistische Ordnungsmacht, erzeugt aber zugleich ein komplexes Bewegungssystem, das sich nach allen Regeln der Chaostheorie tatsächlich auch ganz von selbst reguliert.
Das beeindruckt die Naturwissenschaft, weil Tanz ein auf verhältnismäßig wenige Parameter der menschlichen Anatomie beschränktes, dynamisches und freies, also offenes und unabschließbares System darstellt. Darum kann es auch ein Abbild experimenteller Wirklichkeiten sein. Wissenschaftliche Experimente, sagt Jan Saam, Biochemiker an der Berliner Charité, lassen sich am lebenden Körper, in ...
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Bei Anruf Pizza
Die Bestellung ist noch Routine, die Lieferung endet im Labyrinth. Storm betritt die Bühne, ein Jobber mit der Pizzaschachtel in der hohlen Hand. Am Anfang ist er noch im Bilde, bildlich gesprochen. Auf der Bühne geht er imaginäre Treppen auf und ab. Eine gelbe Mütze auf dem Kopf, ein weites, weißes Hemd über rotem Pulli, gelbe Socken und rote...
Je mehr Pina Bausch aus dem Bild der öffentlichen Meinung zu verschwinden droht, desto insistenter muss "Das Tanztheater Pina Bausch: Spiegel der Gesellschaft" bleiben.
Unter diesem Titel veröffentlichte Rika Schulze-Reuber nach dreißig Jahren Bauschverehrung jetzt ihre Zuschauer-Erfahrung von "Frühlingsopfer" 1975 bis "Rough Cut" 2005.240 Seiten lang erzählt...