Gestorben
Eva Evdokimova tanzte die Giselle voll erlesener Poesie, formvollendet, hochmusikalisch, leichtfüßig und bei aller Fragilität von einer Fraulichkeit, als hätte der Geist der Romantik von ihrem Körper Besitz ergriffen. So debütierte 1970 die Genfer Tochter eines bulgarischen Vaters und einer amerikanischen Mutter 22-jährig an der Deutschen Oper in Berlin. Nur zwei Jahre später war sie Primaballerina.
Nach ihrem triumphalen Erfolg beim Ballettwettbewerb im bulgarischen Varna hatte sie ein Zusatzstudium in Leningrad aufgenommen und schuf damit die Voraussetzung ihres Virtuosentums, das sich nie in effekthascherischer Äußerlichkeit verlor. Durch ihr Dasein, schrieb Klaus Geitel, gab sie der «Rolle des Partners neue Wahrhaftigkeit», weshalb ihr so bedeutende Tänzer wie Erik Bruhn und Rudolf Nureyev zu Füßen lagen. Auch das Publikum machte aus seiner Bewunderung keinen Hehl. Auch in Crankos Choreografien kam ihr Charisma zum Tragen, in Balletten wie «Fräulein Julie» von Birgit Cullberg, «Pelléas und Mélisande» von Erich Walter, «Daphnis und Chloé» von Hans van Manen oder «Greening» von Glen Tetley. 1985 schied die Ballerina aus Berlin im Streit, weil sie ihre Sparte stiefmütterlich ...
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