Die reife Zeit
Wir schreiben das Jahr 1972, Westdeutschland. Unlängst ist die Zeitschrift «twen» eingegangen, obwohl oder weil sie sich gegen die Prüderie der Nachkriegszeit aussprach. Es dauert noch sechs Jahre, bis das «konkursbuch» in Tübingen für eine befreite Sexualität kämpfen wird. Und noch einmal zwei Jahre später folgen Periodika wie «Sexualität konkret». Homosexualität ist und bleibt strafbar. Schwangerschaftsabbrüche sind tabuisiert und strafbewehrt, auch nachdem 374 Frauen sich 1971 in der Zeitschrift «Stern» selbst bezichtigt haben: «Wir haben abgetrieben».
1972, da war John Neumeier noch Ballettchef in Frankfurt am Main. In seinem «Le Sacre» tanzt Beatrice Cordua das Opfer. Sie tanzt nackt, entblößt, hinreißend. Sie tanzt den Skandal. Noch immer ist das Stück in Neumeiers Repertoire. Heute trägt die jeweilige Tänzerin ein fleischfarbenes Kostüm.
Beatrice Cordua ist Hamburgerin vom gerade gekämmten Scheitel bis zur Sohle, die sie ein Leben lang auf Spitze hob. 82 Jahre ist sie alt. In ihrer Berliner Wohnung in Neukölln stapeln sich nicht ihre Erinnerungen, sondern die ihres Mannes Ludwig Schönherr. Die Bilder des Künstlers und Filmemachers, den sie schon im Alter von 13 kennenlernte ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Tanz 4 2023
Rubrik: Menschen, Seite 26
von Arnd Wesemann
Patti Smith, die «Godmother of Punk», ermutigt Stijn Celis im jüngsten, dreiteiligen Tanzabend des Staatstheaters Braunschweig zu beherzten Ausgriffen ins Tanztheater. Der Choreograf lässt mit ihrer Stimme die «Revolutionary Hearts» beben, wenn die Tänzerinnen und Tänzer aus der zunächst sanft vor- und rückwärtslehnenden Reihe in den Raum diffundieren, so...
Lieber Hartmut, es freut, in einem Lebensalter, das bestimmt ist durch Abschiede, einen Geburtstagsgruß schreiben zu können. Sei herzlich beglückwünscht, und sei freudig begrüsst im Club der Achtziger. Es ist eine lange Beziehung, die uns verbindet. Wir nennen sie seit Anbeginn auch Freundschaft, und das ist bald sechzig Jahre her.
Es war keine gemeinsame...
Nadja Saxer ist eine Aficionada. Die Wiener Kulturmanagerin befeuert mit ihrer Passion für die Club-Dance-Culture die Plattform CDCV, über die sie das Projekt «Dance Seduction Vienna» organisiert – Motto: «Move your legs and your spririts will follow» – und jetzt im April die erste Wiener «Dance Music Conference (DMCV)» veranstaltet. Wir treffen uns in einem Wiener...