Wunden und Wunder

Zwischen Prokofjew und gesellschaftlicher Verwerfung bringt Sabrina Sadowska Chemnitz zum Leuchten

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Aktuell ist Chemnitz Europäische Kulturhauptstadt. Klar, dass es da etwas Geduld braucht, einen freien Termin für ein Gespräch mit Sabrina Sadowska zu finden – als Direktorin des Chemnitzer Balletts ist sie neben dem regulären Theaterbetrieb auch maßgeblich ins Kulturhauptstadt-Programm involviert. Kurz nach der Sommerpause öffnet sich dennoch ein Zeitfenster für ein Treffen.

Sadowska steckt da schon inmitten der Wiederaufnahmeproben ihrer «Cinderella»-Inszenierung: Prokofjews Handlungsballett hat die Choreografin aus dem Märchenreich des Romantischen ins Setting der 1950er-Jahre und in die Welt der Haute Couture transferiert. Also in eine Dekade, die die Wunden des vergangenen Krieges mit Wirtschaftswundern heilen zu können glaubte. Und in ein Kreativuniversum, in dem sich Schein und Sein, Affektiertheit und Authentizität durchweben.

Freundlich, aber bestimmt
Durchwoben ist auch Sadowskas Inszenierung. Das klassische Habitat des Tanzes wirkt darin gleichsam als Stoff, in den sich das inszenatorisch Eigene kleidet. Oder besser gesagt: einwebt. Das ist mehr als nur ein klug aufs Sujet der Geschichte zugeschnittenes choreografisches Konzept, es ist ein Wesenszug in Sadowskas ...

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Tanz Oktober 2025
Rubrik: Menschen, Seite 16
von Steffen Georgi

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