Spielregeln

Intimitätskoordination ist ein Thema für Tanz und Choreografie. Das allerdings im deutschsprachigen Raum bisher noch wenig Beachtung findet

Tanz - Logo

Der Pas de deux verlangt eine Berührung am Oberkörper, aber während der Aufführung wird aus dieser Berührung ein allzu eindeutiger Griff an die Brust. Im Drehbuch steht ein «leidenschaftlicher Kuss», aber der Kuss, der dann performt wird, ist nicht leidenschaftlich, er ist glitschig, mit Zunge, vor allem dauert er mehrere Sekunden zu lange.

Im Vorfeld der Produktion wurde eine Szene mit nacktem Oberkörper festgelegt, aber während der Proben kommt der Regisseur auf die Idee, dass es authentischer wirken dürfte, wenn die Hauptdarstellerin nicht nur das T-Shirt auszieht, sondern auch den Slip. Wann immer es in den Darstellenden Künsten um Intimität geht, dann geht es auch darum, die Grenzen zwischen den Darsteller*innen auszuhandeln: Was ist noch in Ordnung, und was nicht? Und für diese Verhandlung gibt es eine Intimitätskoordination.

Intimitätskoordination orientiert sich an den «Fünf C». Fünf Begriffe, die mit dem Buchstaben C beginnen, sind die Grundprinzipien der Organisation intimer Szenen, durchgesetzt sind sie hauptsächlich im Film und hier in erster Linie in Filmproduktionen des angelsächsischen Raumes. Es geht um «Context», also darum, dass die dargestellte Intimität in ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Februar 2024
Rubrik: Praxis, Seite 61
von Falk Schreiber

Weitere Beiträge
Goyo Montero «Der Steppenwolf»

Nürnbergs Ballettchef Goyo Montero hat die Dürer-Stadt seit 2008 in einen Hotspot des zeitgenössischen Tanzes verwandelt: erst zahmes Anschleichen mit Handlungsstoffen wie «Aschenputtel», dann Anziehen der Drama-Stellschrauben bis hin zur gesellschaftspolitisch brisanten «Sacre»-Version (2019), jetzt kritische Bestandsaufnahme der Gegenwart – in Gestalt einer...

Körperorchester

Koryphäen zu besingen, ist eine Herausforderung an die Kunst, nicht den Überblick zu verlieren. Was steht im Vordergrund, was im Schatten eines Lebens, das im Kollektiv eines der ersten Kibbuze begann und sich seit der Gründung Israels in kriegerischen Konflikten raumgreifend entfaltete? Noa Eshkol war vieles: Tänzerin, Choreografin, Pianistin, Künstlerin. Doch als...

Rothschild, Verbruggen «Petruschka / 7 Todsünden»

Zwei Klassiker im Doppelpack, neuinterpretiert für das Opera Ballet Vlaanderen (OBV), teilen sich in Antwerpen zwar ein Bühnenbild. Aber Ella Rothschild illustriert Strawinskys 1911 für die Ballets Russes kreierte «Petruschka»-Partitur mit einer neuen Geschichte, während Jeroen Verbruggens Deutung der «Sieben Todsünden», Brecht/Weills «satirischem Ballett mit...