Lebenskünstler
Vom siebten Stock des Staatstheaters Kassel aus erschließt sich die DNA der Stadt: Im Osten räkelt sich die prachtvolle Orangerie in der Wintersonne, ringsum leuchtet satter Rasen, während durch die Südfenster ein Regentief in den Ballettsaal hineinblinzelt. Der neblige Grauschleier lässt die Nachkriegsarchitektur rund ums Fridericianum so trist wie einfallslos wirken, was die Tänzer*innen im Studio freilich nicht anficht. Sie haben sowieso keine Zeit fürs Hinausschauen, sind vollauf miteinander beschäftigt.
Die Füße ankern in einer zweiten Position, die gebeugten Beine seitwärts abgespreizt, während das Becken in Hochfrequenz vibriert. «Connect, feel the connection», ruft jemand in den Raum. Tomatenroter Hoodie, graue Hose, glattpolierter Kopf über Vollbart und Augen, so dunkel wie Tollkirschen – so sitzt Eyal Dadon neben einem Stillleben aus Klavier, Notenständer und Turnmatte. Sein Laptop firmiert als Sound Machine, taktet die nagelneue Choreografie auf dem Weg zur Premiere: Noch vier Tage, dann geht das Dreiviertelstunden-Stück «Shuv» als Tandem mit Andonis Foniadakis’ «Der Tod und das Mädchen» über die Bühne des Hauses. Es ist die erste Kreation, die der israelische Choreograf ...
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Tanz März 2025
Rubrik: Menschen, Seite 26
von Dorion Weickmann
Ein Jahr alt sind die Gauthier Juniors, und ihre zweite Premiere im Stuttgarter Theaterhaus endet wie die erste mit einem «Boléro»: Die bislang eher sensible, nach innen schauende Kanadierin Virginie Brunelle rockt Maurice Ravels Superhit auf den Laufsteg, mit modernen Rhythmen von Laurier Rajotte in einer Art Berghain-Version aufgepeppt. Immer wieder heben schicke...
New York
«new combinations»
Unter dem Titel «New Combinations» spannte das New York City Ballet Altes und Neues zusammen: Auf Christopher Wheeldons «From You Within Me» (allzu süffig für Schönbergs «Verklärte Nacht») folgten zunächst George Balanchines «Variations pour une porte et un soupir». Der 1974 uraufgeführte Pas de deux mit akrobatischem Einschlag wurde...
Es ist elf Uhr vormittags, Bühnenpforte Schillertheater, Ersatzspielstätte der Komischen Oper Berlin. Ein junger Mann, lange, lockige, schwarze Haare, mit einem belegten Brötchen und einem Becher Kaffee in der Hand steht im Treppenhaus und begrüßt die Vorbeikommenden mit ein paar netten Worten, mit Küsschen. Der Venezolaner Daniel Daniela Ojeda Yrureta fühlt sich...
