Geschichtsstunde

Pol Pot Dancing

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Während Jacques Audiards Thriller-Musical «Emilia Pérez» – fünf Akte, drei fantastische Hauptdarstellerinnen und eine subversiv schräge Story – derzeit im Triumphzug über Festivals, Leinwände und private Screens (mit Netflix-Anbindung) zieht und der Choreograf Damien Jalet ein Interview nach dem anderen gibt, ist dieser Film eher ein Geheimtipp: Enrique Sánchez Lansch, der mit «Rhythm is it» einen Riesenerfolg feierte, geht in «Pol Pot Dancing» den Spuren des klassisch kambodschanischen Tanzes nach, der heute zum UNESCO-Welterbe zählt.

Die Dokumentation schildert das Leben einer Tänzerin, die im Königspalast von Kambodscha einen Jungen großzieht, dem sie Liebe und jede erdenkliche Förderung angedeihen lässt. Nur um Jahre später zu erfahren: Der Diktator Pol Pot – Menschenschlächter, der einen Genozid entfesselt und sein eigenes Land zugrunde richtet – ist niemand anderes als das Kind, dem sie einst ihre ganze Zuneigung schenkte. Die Tänzerin überlebt das vier Jahre währende Terrorregime und bildet fortan traumatisierte Mädchen aus, indem sie ihren Wissensschatz weitergibt und auf diese Weise auch die Traditionstänze der eigenen Kultur vor dem Untergang bewahrt. Sánchez Lansch erzählt diese Geschichte nicht nur mit Interviews und Zeitzeugnissen, sondern auch anhand halb vergessener Choreografien – und neuer Kreationen. Die Bilder lügen nicht: Schönheit pur. «tanz»-Redaktion

Im Januar und Februar u. a. in Berlin (Klick Kino), Hannover (Filmkunstkinos), Köln (Filmhaus Köln), München (Werkstattkino) und Hamburg (Abaton). www.jip-film.de


Tanz Januar 2025
Rubrik: Bewegung, Seite 4
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