Alexandre Paulikevitch
Wenn Alexandre Paulikevitch aus dem Haus geht, gibt er sich aufreizend weiblich. So sieht es zumindest der Großteil der Männer in den Straßen seiner Heimatstadt Beirut, wo Paulikevitch für seine Lockenpracht, seine Haltung und seine Kleidung ausgiebig beschimpft wird. «Das ist so, seit ich mein Auto verkauft habe, um mein Stück finanzieren zu können. Seitdem muss ich zu Fuß gehen», beschreibt er den Ausgangspunkt zu seinem Solo «Tajwal», für das er die wüsten Beleidigungen selbsternannter Moralhüter von einer Schauspielerin auf Band sprechen ließ.
Auch das ist ein Tabubruch: «In den Straßen von Beirut können nur Männer sich erlauben, sich so auszudrücken», erklärt er. Paulikevitch tanzt Baladi, jenen Tanz, der aus westlich-kolonialer Sicht ein «Bauchtanz» ist, in dem sich Frauen zur Schau stellen.
Mit seinem selbstbewussten Auftreten im Straßenbild wie auf der Bühne setzt Paulikevitch ein starkes Zeichen für Offenheit und Toleranz und findet nun auch in Europa mehr und mehr Anerkennung für seine Kunst. Denn er begnügt sich nicht damit, in die Frauenrolle zu schlüpfen. Er dekonstruiert das Vokabular des Baladi und schafft eine plastische, -politische Tanzsprache, in der Bilder von ...
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Tanz Jahrbuch 2018
Rubrik: Hoffnungsträger, Seite 170
von Thomas Hahn
Ich finde es schwierig, den Begriff «Heimat» mit meiner Arbeit, dem Tanz, in einen Kontext zu stellen. Anders als viele meiner Kollegen lebe und arbeite ich von klein auf in meiner sogenannten Heimat Deutschland. Andere Tänzer müssen ihre Heimat immer wieder neu definieren, weil sie viel reisen oder den Standort berufsbedingt wechseln. Ich dagegen habe mich ganz...
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Ich bin...
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