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Johann Kresnik: «Die 120 Tage von Sodom»

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In Ägypten und im Iran ist, wie einst auf deutschen Marktplätzen, die Hinrichtung ein schönes Fest. Der Überlieferung nach war es ja auch eine Hinrichtung, die das Christentum entstehen ließ. Johann Kresnik lässt also Jesus auf die Bühne tragen. Die von George Grosz bekannten Kasperlefiguren Richter, Politiker, Bankier, Bischof und Offizier laben sich an einem Schnitz des soeben mit dem Hackebeilchen zu Salami verarbeiteten Heiland-Gemächts. «Nehmt und esst; das ist mein Leib».

Der 77-jährige Kresnik ist durchaus bibelfest, wenn er sein Grand Guignol im Namen von Pier Paolo Pasolini mit dem Stahlhammer vorstellt: als Schmiere der Macht, deren Lust sich in Sadomasochismus erschöpft. Dabei besteht das ganze Geheimnis seines Hinrichtungstheaters allein darin: Es darf keinen doppelten Boden geben. Nur rohes Tänzerfleisch, den Hungrigen zum Fraß vorgeworfen.

Gottfried Helnwein, der Hyper-realist unter den Malern, siedelt das Folter-Anwesen nicht in einer repräsentativen Villa der faschistischen Republik von Salò an, wie Pasolini in seinem letzten Film von 1975, sondern in einem gewaltigen Konsum-Supermarkt. Weshalb es im Libretto von Christoph Klimke gleich heißt: «Konsum ist der neue ...

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Tanz Juli 2015
Rubrik: kalender und kritik, Seite 38
von Arnd Wesemann

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