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Kommt ins Offene...

Die Choreografen Silvana und Mario Schröder erinnern sich an die Zeit des Mauerfalls

Der 9. November ist das historische Datum: Günter Schabowski, eine Art Regierungssprecher der DDR, verkündet auf einer Pressekonferenz die Öffnung der Grenzübergangsstellen. In Berlin fällt die Mauer, Menschen strömen noch in der Nacht vor allem von Ost nach West – Sie auch?
Mario S.: Ich saß in einem schrecklichen Hotelzimmer in Chemnitz, wo ich mit einem Soloprogramm gastierte. Silvana rief ganz aufgeregt an – «hast du ferngesehen?» Ich machte den Fernseher an und konnte es nicht glauben. Ich wollte mich sofort ins Auto setzen und nach Berlin fahren, aber wir hatten leider am nächsten Morgen um zehn Uhr Vorstellung. Ich war völlig aus dem Häuschen. Das war schon Wahnsinn. Sogar auf der Bühne war ich noch getragen von dieser Euphorie.

Silvana S.: Ich habe das alles zu Hause in Gera erlebt, in meiner Bruchbude mit Plumpsklo auf halber Treppe. Per Fernsehen. Bis null Uhr. Sendeschluss bei DDR1 und DDR2.

Wie hat der erste Westkontakt auf Sie gewirkt?
Mario S.: Wir bekamen sofort Angebote, als DDR-Künstler unsere Choreografien in Frankreich zu zeigen. Wir sind beispielsweise in einer ehemaligen Pariser Fleischerhalle aufgetreten. Nebenan gastierte Feeling B, Vorläufer von Rammstein. Auch Heiner Müller war da. Ich habe ein Solo gezeigt, und wir beide haben unser Duett «Der Riss» getanzt.

Silvana S.: Das war für uns eine offene neue Welt. Wir waren nicht nur außerhalb der DDR, sondern haben mit internationalen Choreografen zusammengearbeitet oder bekamen Kampfsport-Unterricht – was wir so noch nie hatten. Wir sind beide vor allem im Klassischen ausgebildet worden und waren auf anderes neugierig ohne Ende. Wir haben alles aufgesogen! Der Choreograf Dominique Bagouet hat gesagt: «Ihr seid viel zu steif, ihr müsst viel lockerer werden.» Wir sind einer ganz anderen Tanzkunst begegnet, die wir natürlich nicht in Monatsfrist lernen konnten – aber sie hat unseren weiteren Weg geprägt.

Das ganze Interview mit Silvana und Mario Schröder finden Sie in tanz 11/19