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Ein Funke der Freude

Gauthier Dance ist für die Tanz-Kritiker ein Highlight des Jahres 2022

Empathie, das ist ein Stichwort, das im Zusammenhang mit Eric Gauthier nicht zufällig fällt. Denn egal, ob sich der Hansdampf in allen Gassen unter die Menge mischt, um scheinbar beiläufig ein getanztes Gemeinschaftserlebnis herzustellen, oder ob er vor einem illustren Kreis hochindividueller Manager seine Vision erläutert, um am Ende letztlich dringend benötigte Sponsorengelder einzuwerben: Gauthier hat sein Gegenüber immer fest im Blick, und weil er das tut, findet er stets das richtige Wort. Durch und durch überzeugt von seiner Mission, hat er sich mit der Zeit zu einem begnadeten Kommunikationskünstler entwickelt, der sich seine unglaubliche Popularität schon deshalb leisten kann, weil er alles andere ist als ein Populist. Schließlich versimpelt er die Sache des Tanzes nicht; er macht sie einsichtig. Das merkt man spätestens dann, wenn er allabendlich vor den Vorhang tritt. Da fliegen ihm schon deshalb alle Sympathien zu, weil er eben nicht sein Ego demonstrativ in den Mittelpunkt des Abends stellt, sondern sich bei aller Ich-Bezogenheit vor allem anderen als Mediator sieht, als Vermittler, der mal auf Deutsch, mal auf Englisch, meist aber auf Kauderwelsch das Bühnengeschehen begreifbar zu machen sucht. Denn den Unterhaltungssektor, der zu Anfang noch für den Überlebenskampf von Bedeutung war, hat Gauthier Dance mit den Jahren hinter sich gelassen. Inzwischen dringt die Kompanie mit ihren komplexen Ballettcollagen bereits in Bereiche vor, die sonst eigentlich eher Avantgarde-Kompanien zugänglich sind. Nicht grundlos wird das Ensemble bei seinen Amerika-Gastspielen deshalb gerne als «deutsches NDT» angepriesen. Theophilus Veselý, einer der profiliertesten Interpreten des derzeitigen Nederlands Dans Theater, tanzte zuvor jahrelang bei Gauthier Dance – was beweist, dass sich die Kompanie auch technisch keine Blöße gibt. Hier wie dort finden sich Kreationen von Marco Goecke und Hofesh Shechter.

Hofesh Shechter nennt sie: «Wenn wir uns unterhalten, sprudeln nur so die Ideen. Ich mag Erics Begeisterungsfähigkeit und Liebe zum Tanz. Ich mag das Talent, das Engagement und die Wandlungsfähigkeit seiner wunderbaren Tänzer. Ich liebe einfach die Atmosphäre in der Kompanie – sie arbeiten hart, und doch ist da immer dieser Funken der Freude.»

Den vollständigen Beitrag von Hartmut Regitz lesen Sie im Jahrbuch tanz 2022