Berlins Kultursenator Klaus Lederer hatte damit Wahlkampf gemacht, dass er die Entscheidung seines Vorgängers im Amt, Chris Dercon als Nachfolger für Frank Castorf zu berufen, für falsch hielt. Nun hat er sich trotz oder wegen eines «transparenten Kommunikationsprozesses» für diese nostalgische Lösung entschieden. Das passt zu weiteren populistisch-konservativen Entscheidungen wie Nichtantastung von Langzeitintendant Thomas Ostermeier an der Schaubühne (seit 2000), Verlängerung von Ulrich Khuon am Deutschen Theater (bis 2022) oder Verewigung von Daniel Barenboim als Chef der Berliner Staatsoper bis 2027, allen Klagen über dessen ethisch fragwürdigen Führungsstil zum Trotz. Es passt irgendwie auch in eine Stadt, die sich mit einer weiteren Retroentscheidung, die allerdings nicht auf Lederers Kappe geht, ein echtes Ei gelegt hat: das wiedererrichtete Preußenschloss mit dem Humboldtforum, das künftig das Kolonialerbe der Bundesrepublik «kritisch» verwalten darf.

René ante portas
René Pollesch wird neuer Intendant der Volksbühne

Außerdem in Theater heute 7/19:
Kulturkapitalismus – «Orest in Mossul»
Ensemblespieler – Peter Simonischek
Debatte – Identitätspolitik im US-Theater
Festival – Neustart Ruhrfestspiele
Fast alle Namen, die er nun, zwei Jahre vor Amtsantritt, schon preisgab, sind wiederum an die Volksbühne der 10er Jahre gebunden; auf die naheliegende Frage, ob denn auch Herbert Fritsch und Christoph Marthaler (oder Frank Castorf) über kurz oder lang wieder am Haus inszenieren würden, betonte Pollesch, er sei nicht als «trojanisches Pferd» bestellt worden, um den status quo der alten Volksbühne wiederherzustellen. Aber ausschließen wolle er auch nichts.
Die Rezension von Polleschs' aktueller Arbeit
in Wien, «Deponie Highfield», finden Sie hier.