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Rezensionen Februar 2021

Foto: Agathe Poupeney

Kompanie Kor‘sia: Giselle

«Giselle», das sind natürlich außer der Titelfigur die Wilis um Myrtha, ihre Königin, die bis an ihren jüngsten Tag tanzen müssen. Das sind Albrecht, ein Herzog, und Hilarion, ein Wildhüter, zwei Herren, die sich bei Kor’sia allenfalls noch durch ihre klassisch geführten Grand Jetés zu erkennen geben. Sie präsentieren sich auf einem Golfplatz, wenn sie die Eisen dort nicht gerade für romantische Fechtübungen missbrauchen. Die Szene, sonst gern in einem Winzerdorf angesiedelt, spielt hier auf einem Plateau inmitten des iberischen Gebirges – zu sehen in Form eines von Amber Vandenhoeck gemalten Panoramas in Anlehnung an Caspar David Friedrich. Mal sind es elf, mal acht Tänzerinnen und Tänzer (auch die Choreografen mischen bei den Massen gerne mit), die als tanzlustiges Volk gerahmt werden durch seltsame, an Schuluniformen erinnernde Kostüme des Modelabels Peech. Zwischen Skateboards und Überwachungskameras, die hier als Lichtquellen dienen, zitieren sie nur hin und wieder winzige Details aus der klassischen Choreografie, um sie sofort wieder – zur Originalmusik von Adolphe Adam – verfremden, karikieren und zertanzen zu können.

Im zweiten Akt versammeln sich die Wilis um eine dampfende Lichtschale, tragen Slip und BH, und ab hier darf jeder weitere Bezug zum klassischen Mythos endgültig ein Ende finden. Natürlich geht es immer noch um Liebe, um Verausgabung, bedingungslose Hingabe, die Obsession – gerade so, wie es die 1999 verstorbene britische Dramatikerin Sarah Kane düster in ihrem Stück «Crave» («Gier», 1998) raunte: «Here I am, once again, heream, here I am, in the darkness, once again.» Dieser auf der Bühne dauerwiederholte Satz ist längst viral im Heute angelangt, interpretiert von der jungen holländischen Pop-up-Band Permanent Destruction der Theatermacherin Naomi Velissariou.

Die gesamte Rezension von Arnd Wesemann lesen Sie in der Februarausgabe von tanz