Kalter Krieg
Dass namhafte Ballettkompanien auf internationale Tourneen gehen, ist heute vorrangig ökonomisch motiviert. Freizügigkeit, die notwendige Voraussetzung, wenn wie jüngst das englische Royal Ballet nach Kuba reisen kann, erscheint als eine Selbstverständlichkeit. Unterwegs verströmen die reisenden Künstler zwar die warme Botschaft der Völkerverständigung beim gemeinsamen Kunstgenuss. Politische Sprengkraft hat das aber keine.
Zu Zeiten des Kalten Kriegs, als Kulturaustausch nicht «Damenprogramm» war, sondern im Graubereich zwischen Außen- und Verteidigungsministerium verhandelt wurde, da verkörperte das Ballett das klassische Wettrüsten auf dem Terrain geteilter Ideale. Wie Astronauten und Kosmonauten ums Weltall eiferten, so strebte man auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs nach der vollkommens-ten Schönheit, der größten Eleganz und erdenfernsten Leichtigkeit im Ballett.
Das war die eine, die förmlich verdeckte Seite der Kulturdiplomatie; im offiziellen Sprachgebrauch stand an erster Stelle natürlich der Wunsch nach Erwärmung der Beziehungen durch Charmeoffensive. Wie so oft, hielt man den Tanz, seiner universellen Sprache wegen, für das am besten geeignete Vehikel hierfür. Wahr ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Das könnte Sie auch interessieren:
Two new biographies of George Balanchine
George Balanchine and Tilly Losch
Ein Gespräch über den Einfluss von Balanchine auf Europa
Eines Tages, so geht die Legende, erwachte der volkstümliche Mensch des Mittelalters aus seiner Bevormundung durch Gott und die Kirchenväter, indem er sich, angeleitet durch kluge Mönche, das Lesen und Schreiben beibrachte. Was dieser Mensch an unzähligen Feiertagen bei der Lektüre entdeckte, während Kriegswirren rundherum und die Entleerung der Landschaft durch...
Schwarzsehen gilt nicht. Schon gar nicht für die Zukunft. Ein halbes Dutzend Stücke hat Marco Goecke in den vergangenen Monaten choreografiert, darunter immerhin Auftragsproduktionen für Les Ballets de Monte Carlo, das Nederlands Dans Theater II, Scapino Ballet Rotterdam, das Nors-ke Nasjonalballetten und für das Stuttgarter Ballett, bei dem er weiterhin unter...
Die Brasilianerin nähert sich zwar den Best-Ager-Jahren. Aber ihr Tanztheater ist so sportiv und trendy, dass es jüngere Konkurrenten mitunter locker abhängt. So hat die Choreografin mit akrobatischen Kunststückchen experimentiert, als die übrige Szene das Zirkusgewerbe noch für einen schmuddeligen, scheintoten Nachbarn hielt. «Rota», 1997 für Colkers Companhia de...