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Magdeburg | Verdi: Don Carlo

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Bruno Berger-Gorskis Magdeburger «Don Carlo»-Inszenierung (Koproduktion mit Brünn) nimmt Posas Vorwurf, in Filippos Reich herrsche «la pace dei sepolchri» wörtlich. Bühnenbildner Daniel Dvorák verlegt das Stück in eine stilisierte gotische Kathedrale, in der Kaiser Karl V. als Event-Manager im Halloween-Kostüm Tote und Untote tanzen lässt. Der Infant im Laufgitter, historischerweise vom Vater wegen Infantilität eingesperrt, bekommt von Gerippen sein Breichen und wirft Visionen aufs Papier.

Da sie von Menschen in Latexkostümen mit Knochen-Logos, die wie Hundefutterwerbung aussehen, bevölkert sind und Carlo der Generation Adidas entstammt, könnte es sich um eine Gruftie-Party handeln. Elisabetta jedenfalls verhöhnt mit «Non pianger» die Gräfin Aremberg, die zum Dank dafür, dass sie Carlos kompromittierendes billet d’amour in ihrem Mund hat verschwinden lassen, nicht nach Frankreich verbannt, sondern einer Horde Elisabethaner zur Massenvergewaltigung überlassen wird. Filippo bietet Posa zur Plauderei über Horrorpolitik Whiskey an. Dieser revanchiert sich mit einer Marlboro. Zum Autodafé gibt es Hermann Nitschs Orgien-Mysterien-Theater light. Spaniens First Lady lässt sich als ...

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Opernwelt November 2012
Rubrik: Panorama, Seite 50
von Boris Kehrmann

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