Schönes Licht ist nicht immer das richtige Licht

Bühnen- und Lichtgestalter stellen ihre liebste Arbeit vor: Reinhard Traub über «Tristan und Isolde» – Bayreuther Festspiele, 2015

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Diesem sogenannten richtigen Licht kam ich sehr nahe bei Katharina Wagners Inszenierung von «Tristan und Isolde» in Bayreuth 2015. Die Bilder trage ich immer noch in meinem Kopf – die Arbeit war ein Meilenstein in meinem beruflichen Leben. Im «Tristan» symbolisiert die Nacht bekanntlich die innerliche Welt der wahren, uneingeschränkten Liebe, im Gegensatz steht der Tag für die äußerliche Welt der (Selbst-) Täuschung durch gesellschaftliche Zwänge wie dem Streben nach Ruhm und Ehre.

Die Vorgaben durch das sensationelle Bühnenbild von Frank Philipp Schlößmann und die Ankündigung der Regisseurin, sie wolle nur Dunkelheit, ließ Spannendes erwarten. Wir ließen uns von Adolphe Appias Satz leiten: «Wir wollen auf der Bühne die Dinge nicht mehr so sehen, wie wir wissen, dass sie sind, sondern so, wie wir sie empfinden.» Durch Katharinas Hartnäckigkeit in Sachen radikale Dunkelheit auf der Bühne lernte und merkte ich immer mehr, dass sie tatsächlich starke Intimität erzeugt, die inneren Zustände verstärkt und gleichzeitig den Zuschauer näher an das Geschehen holt. Teilweise waren wir an der Grenze zur Sichtbarkeit, und das war absolut richtig. (Man darf nicht vergessen, dass das Auge ein ...

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Opernwelt Februar 2021
Rubrik: Serie, Seite 56
von Götz Thieme

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