
Liaison dancereuse
Die Mode und der Tanz
1924 traf die Modeschöpferin Coco Chanel auf den Impresario Serge Diaghilew, der mit seinen revolutionären Ballets russes an «Le Train Bleu» arbeitete. Chanel entwarf die Kos-tüme und war, wie so oft, ihrer Zeit voraus. Die an Bademode erinnernden Kreationen ernteten viel Kritik, sowohl vom Publikum als auch von den Tänzern, die sie unter Tanzaspekten für untauglich hielten.
Zeitverzögert entstand eine ganze Reihe von Kooperationen zwischen Modedesignern und Ballettkompanien, die weitaus erfolgreicher verliefen als das Chanel-Diaghilew-Experiment von 1924. So taten sich beispielsweise der Couturier Yves Saint Laurent und der Choreograf Roland Petit – zwei Klassizisten mit Neigung zur Innovation – mehrfach zusammen, unter anderem 1965 für «Notre-Dame de Paris». Saint Laurent, der übrigens ein Jahrzehnt später eine sensationelle Kollektion namens «Ballets russes» auf den Laufsteg brachte – Saint Laurent also versuchte die Frische und Zeitlosigkeit der Choreografie in den Kostümen zu spiegeln, die in den Farben der Kirchenglasfenster leuchteten. Die Umsetzung war so fantastisch, dass die Kostüme zu einer Signatur des Balletts wurden und es bis heute geblieben sind.
Als äußerst produktiv erwies sich auch die Zusammenarbeit zwischen Calvin Klein und der Martha Graham Dance Company. Klein, der mit seinen cleanen, raffinierten Looks vor allem in den 1990er-Jahren für Aufsehen sorgte, wurde von der Choreografin für die textile Ausstattung ihres «Maple Leaf Rag» engagiert. Die Grande Dame des Modern Dance hatte hohe Ansprüche. Ihre Tänzer und Tänzerinnen sollten in körperbetonende, schmeichelhafte Hüllen gesteckt werden, der Stoff zugleich dehnbar und praktisch sein. Da sich die Graham-Technik auf den Torso konzentriert, überrascht es kaum, dass Kleins Entwürfe diesen Körperteil besonders betonten. Farblicher Dreh- und Angelpunkt waren Pudertöne, von sandigem Beige bis hin zu cremigem Grau-Weiß war fast jede Nuance vertreten. Trotzdem blieb «Maple Leaf Rag» Kleins einziges Gastspiel in der Tanzwelt, während andere Kollegen immer mal wieder vom Couture-Atelier in die Theaterwerkstätten wechselten.
Den vollständigen Beitrag von Anastasia Tolstunova
finden Sie im Jahrbuch tanz 2019.