Clemens Setz: Vereinte Nationen

© Suhrkamp Verlag Berlin 2017

Theater heute - Logo

Personen

Anton
Karin
Ihre Tochter Martina
(ca. 7 Jahre alt)
 
Oskar
Jessica,
Oskars Freundin


Erster Teil

Eine Küche. Anton und seine Tochter Martina. Martina sitzt an einem Tisch, allein, vor ihr
ein voller Teller mit Fleischstücken und Kartoffelpüree. Sie hat den Kopf gesenkt, isst nicht.
Anton steht an der Spüle, Hände verschränkt.

Anton Wir können gern den ganzen Tag so verbleiben. Ich hab Zeit.


Martina reagiert nicht.
Anton Wie sieht’s bei dir aus, zeitlich? Keine
wichtigen Termine, hm?
Er geht zu ihr, schaut ihr ins Gesicht.
Anton Ich hab gefragt, ob du keine wichtigen Termine hast heute.
Martina schüttelt den Kopf.
Anton Perfekt. Dann können wir’s ja aussitzen. Wenn man etwas tut, dann muss man auch mit den Konsequenzen leben lernen. Wer mit Essen herumwirft, der muss lernen, dass er’s, ahm,
dass er’s nicht mehr machen wird, in Zukunft.
Nie wieder.
Martina Ich hab nicht geworfen.
Anton Ah, die Verhandlungen fangen schon an. Sehr gut. Ich hab ja gar nicht, es ist einfach so durch die Küche geflogen. Den Ton kannst du vor den Vereinten Nationen anschlagen, aber nicht bei mir.
Martina nimmt einen Bissen vom Essen, sichtlich gequält.
Anton Schmeckt nicht gut, oder?
Pause.
Anton Aber hey, es ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute April 2017
Rubrik: Stückabdruck, Seite 99
von Clemens Setz

Weitere Beiträge
Rudolstadt: Gott ist nicht schuld

Die Heilige Schrift in vier Stunden: «Die Bibel», eingedampft für die Bühne von Niklas Rådström (übersetzt vom Intendanten Steffen Mensching), inszeniert von Alejandro Quintana, ist eine Revue der Schöpfung und der Wunder, des Glaubens und des Zweifelns, eine verwirrende Szenenfolge von Karl Krausscher Wucht, nur dass es sich hier eben um die ersten Tage der...

Köln: Katzenjammer

Dieser Faust hat es in den Fingern, mit denen er in die Tasten greift. Der Wort- und Tatmensch als Pianisten-Nerd, so dass man den schlaksig-schlaffen Philipp Pleßmann anfangs für einen Adrian Leverkühn, einen ins Musikalisch-Dämonisch gewendeten Künstler halten könnte. Aber der zwölftönende Doktor Faustus würde sich kaum wie der Kölner Bühnen-Bruder, der an seinem...

Kassel: Blauer Dunst

So ein blaues Licht ist eine praktische Sache. Wenn man damit seine Pfeife anzündet, erscheint ein schwarzes Männchen und erledigt die gerade anliegenden Drecksarbeiten. Eine böse Hexe will den armen Soldaten im Brunnen verschimmeln lassen? Das schwarze Männchen greift ein, raubt ihr Gold und bringt sie an den Galgen. Der undankbare König will den...