Weichgespült
Aufgeheizte Körper reiben sich choreografiert aneinander; Begehren und Erregung als Tanz: der Tango. Astor Piazzolla setzte ihm 1968 in seiner Tango Operita «María de Buenos Aires» ein kunstmusikalisches Denkmal. Das Libretto von Horacio Ferrer erzählt dazu von einem Mädchen aus der tristen Vorstadt, das sich in die gefährliche Millionen-Metropole wagt und dort unter die Räder der Halbwelt aus Prostitution und Diebstahl gerät.
Ihr Name wird zum Synonym für den Tango, für die Liebe; sie selbst stellt sich so vor: «María noche, María pasión fatal, María del amor, de Buenos Aires». Als wäre sie eine argentinische Seelenschwester der Carmen, ist in der Zeichnung dieser María fraglos auch das Klischee nicht zu übersehen. Doch die Autoren meiden geschickt die plump farbenfrohe Feier des Folkloristischen, indem sie die Geschichte fern von jeder naturalistischen Zeichnung der Gosse ins Surreale weiten und ihre Titelfigur so von der Eindimensionalität befreien: María, die Hure, wird gar immer wieder mit Maria, der Heiligen und Mutter Gottes, in Beziehung gesetzt.
Yaron Lifschitz und seine Compagnie Circa scheinen gleichwohl gehörige Angst vor den Stereotypen ungezügelter südamerikanischer ...
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Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Peter Krause
Drei kleine Bühnen ragen wie Inseln aus den Zuschauerreihen im Radialsystem hervor. Neben ihren Instrumenten haben Flötistin Kristjana Helgadóttir, Harfenistin Gunnhildur Einarsdóttir, Schlagzeuger Matthias Engler und Klarinettist Ingólfur Vilhjálmsson jeder ein kleines gläsernes Radio mitgebracht – Gebrauchsgegenstand und Kunsthandwerk im einen. Gemeinsam mit der...
Erich Kleiber, der Uraufführungsdirigent von Alban Bergs «Wozzeck» 1925, sollte auch die «Lulu» in Berlin herausbringen. Während der noch nicht abgeschlossenen Komposition schrieb ihm der Komponist 1934: «Erstens muss die Lulu gut aussehen, aber schon sehr gut aussehen. Zweitens muss sie eine leichte, nicht allzu große, bewegliche Stimme haben, die mit der oberen...
Natürlich wiederholt sich Geschichte nicht, jedenfalls nicht eins zu eins. Aber analoge Situationen lassen sich immerhin beobachten, zumindest nachträglich konstruieren. Vor gut 100 Jahren, mit Ende des Ersten Weltkriegs, führte mancherlei Not zu allerlei produktiven Provisorien. Auf die Opulenz von Hofmannsthals und Strauss’ «Frau ohne Schatten» folgte Strawinskys...