Schalk im Herzen

Strauss: Capriccio
Madrid | Teatro Real

Opernwelt - Logo

Zunächst schien das Premierenpublikum des Teatro Real ratlos angesichts dieses artifiziellen Konversationsstücks aus dem Kriegsjahr 1942, in dem es nicht etwa um Leben und Tod, sondern um den altbekannten, in elegant-wortreiches Liebesgeflüster gehüllten Streit geht, ob in den Künsten nun der Poesie oder der Musik Vorrang einzuräumen sei. Argwohn stand schon beim Anblick der karg möblierten Bühne (Raimund Orfeo Voigt) auf den Gesichtern: weißgraue Stühle aus einem fernen Rokoko, eine graue, weit geschwungene Wand mit falschem Kamin, darüber ein halbblinder Spiegel im Goldrahmen.

Gedämpftes Licht, Damen und Herren in heutiger Alltagskleidung, wiederum in schwarz, grau oder weiß. Dazu viel Parlando in deutscher Sprache. Unmöglich, für so etwas Interesse in Madrid zu wecken, sollte man meinen. Doch nach und nach lassen sich die Zuschauer hineinziehen in das Werben der beiden Künstler um die Gräfin. Lauschen aufmerksam den Ergüssen des Dichters Olivier und des Komponisten Flamand, hängen der schönen Madeleine an den Lippen. Und verfolgen gebannt, wie die Umworbene, ihr Bruder und ihre Gäste einen Kompromiss vorschlagen: Eine Oper soll entstehen, zu der die Kontrahenten, und zwar unter ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juli 2019
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Thomas Urban

Weitere Beiträge
Ausgefranst

«Werktreue» haben Susanne Herrnhausen und Gerhard Brunner ihre Zürcher Agentur getauft, die erste und bislang einzige, die sich auf Vermittlung von Opernregisseuren spezialisiert. Ein altmodischer Name, der schon einiges aushalten musste! Er fällt uns unweigerlich wieder ein, oder vielmehr, auf die Füße, jedes Mal, wenn wir ein Opernhaus betreten, in dem einer der...

Schutzraum für kreative Unruhe

Bald sind es vier Jahrzehnte. So lange wird Carola Fischer dann als Solistin auf der Bühne des Staatstheaters Cottbus gestanden haben. Aber was heißt hier: gestanden? Fast alle für ihren Mezzosopran geeigneten Rollen hat die gebürtige Berlinerin an dem Haus gesungen, von den leichten bis zu den schweren Fächern, von Mozarts quirligem Cherubino bis zu Wagners...

Editorial Juli 2019

Der Befund ist nicht neu: An den 24 Musikhochschulen Deutschlands werden zu viele Sänger ausgebildet. Mit 80 staatlich und/oder städtisch geförderten Opernhäusern, die Jahr für Jahr rund 6000 Repertoirevorstellungen anbieten, gilt die Bundesrepublik zwar nach wie vor als El Dorado auf dem globalen Stimmenmarkt, doch die Chance, sich nach jahrelanger Ausbildung...