Tragödie auf der Couch
Die Herren stehen etwas verschüchtert im Halbkreis und blicken freundlich betreten nach allen Seiten. Kein Wunder, schließlich sind die meisten von ihnen zwar bühnenerfahren, aber keine Schauspieler: nämlich die netten Jungs der Hamburger Nette-Jungs-Band Kante. Jetzt dürfen sie in Friederike Hellers «Antigone» zwar ihre Instrumente mitbringen und wie im Probenkeller aufreihen, müssen aber auch noch ganz andere Aufgaben übernehmen.
Frontman Peter Thiessen steht esoterisch grinsend in der Mitte, streicht sich genüsslich die halblangen Haare hinters Ohr und bittet im süßlichsten Therapeuten-Ton zur Gruppensitzung. Im Selbstfindungskurs werde man jetzt die Ödipusgeschichte nachstellen, raunt er voll ozeanischer Gelassenheit und verteilt gleich ein paar Rollen: «Nimm es an.»
Üblicherweise ist «Antigone» kein Stoff für Männergruppen, sondern eher urfeministisches Beweismaterial: Die sittlich unbeirrbare Ödipus-Tochter bestattet ihren toten Bruder Polyneikes, obwohl der neue Herrscher darauf die Todesstrafe verhängt. Dieser böse Kreon duldet mit seiner politischen Ordnung keinen Widerspruch und treibt alle in den Tod, weil antike wie zeitgenössische Diktatoren ungern ihre ...
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Theater heute April 2011
Rubrik: Aufführungen, Seite 30
von Franz Wille
Und es existiert doch, das Nachspiel. Das Deutsche Theater ist sich nicht zu fein, Nis-Momme Stockmanns in Frankfurt uraufgeführtes Vater-Sohn-Drama «Die Hässlichen und die Brutalen» David Bösch anzuvertrauen. Noch tiefer gräbt Stephan Kimmig am DT, der Judith Herzbergs Stücke «Leas Hochzeit» (1982), «Heftgarn» (1995) und «Simon» (2002) zu einer jüdischen...
Duzen Sie Ihren Chef? Herrscht bei Ihnen auch diese lockere Arbeitsatmosphäre mit offener Tür, Relaxzone und dem Zwang, mit irgendwem Mittagessen zu gehen? Und ist Ihnen
das auch manchmal unheimlich? Ein Arbeitsverhältnis, das angeblich auf Vertrauen basiert, aber letztlich nichts daran ändert, dass man Sie irgendwann kündigt, Ihr Chef aber nur abgefunden werden...
Es waren vergleichsweise idyllische Zeiten, als Festivalmacher wie kleine James Cooks durch die Welt reisten und interessante Theaterkompagnien entdeckten, als wären es unbekannte Inselgruppen. Man packte eine New Yorker Off-Off-Produktion ins Körbchen, ließ sich vom Direktor eines argentinischen Hinterhoftheaters unter den Tisch saufen und steckte, vom Kollegen...