Cayetano Soto: «Carmen»

Dortmund

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So sanft wurde auf der Bühne noch keine Carmen gemordet. Don José zieht ihr das schwarz-rote Schleppenkleid aus, und die untreue Geliebte schreitet in dunklem Trikot nach hinten ab, einem leise flatternden Vorhang entgegen, der sie schließlich verschluckt. Es ist der einzige poetische Moment in Cayetano Sotos Dortmunder «Carmen».  Der junge Katalane will es anders machen als die vielen Choreografen-Kollegen, die sich schon mit dem Stoff beschäftigt haben. Und das tut er auch.
Voller Distanz betrachtet er den Mythos, um ihn ironisch, beinahe spöttisch, zu vertanzen.

Der Drang, seinen nur so heraussprudelnden szenischen und choreografischen Ideen eine theatrale Form zu geben, seine Lust am Tänzer­körper, mit ihm zu spielen, ihn zu drehen und zu wenden, bis ihm eine neue verrückte Bewegungsvariante gelingt, ist stärker als sein intellektuelles Interesse an einer tieferen Interpretation.
Es ist nicht die sinnliche Liebesgeschichte, die Soto umtreibt wie einst Roland Petit, oder die gesellschaftskritische Dimension wie seinerzeit John Cranko, auch nicht die Psychoanalyse eines Mats Ek – wobei er dem Schweden mit seiner karikierenden Ästhetik noch am nächsten kommt.
Seine «Carmen» ist ...

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Tanz Dezember 2009
Rubrik: Highlights, Seite 36
von Bettina Trouwborst

Vergriffen
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