Rampentheater
Nach Christof Loys eindrucksvoller Inszenierung von «Simon Boccanegra» in der letzten Spielzeit (siehe OW 7/2007) war die diesjährige Saisoneröffnung in Frankfurt mit Verdis «Don Carlo» eine herbe Enttäuschung. Regisseur David McVicar ließ sich von Brigitte Reiffenstuel aufwändig gestaltete historische Kostüme entwerfen und die solchermaßen herausgeputzten Figuren ihre Auf- und Abtritte vor dem öden Einheitsbühnenbild einer weißen Backsteinarchitektur vollführen.
Das war allein schon des Kontrasts wegen ärgerlich, umso mehr als McVicar erst gar nicht versuchte, aus dem ästhetischen Bruch zwischen abstraktem Bild und Kostümopulenz Funken zu schlagen. Überhaupt scheint er wenig Gedanken an Verdis schwärzeste, dramaturgisch komplexeste Oper verschwendet zu haben – falls man es nicht für Konzept halten möchte, dass die Ketzer hier nicht verbrannt werden und Carlos am Ende auf dem Grab Karls V. einfach erstochen wird.
McVicar exemplifizierte auf recht altmodische Weise eine Haupt- und Staatsaktion – die Chöre meist auf Mittelachse geordnet und frontal aufgereiht. Das innere Drama, die Familientragödie um das Lebens- und Liebes(un)glück von Carlos und Elisabeth, fand erst gar nicht ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Manchmal verdanken sich Entscheidungen, die eine ganze Branche umkrempeln, sehr banalen Umständen. Als der niederländische Elektronikriese Philips und sein japanischer Konkurrent Sony Anfang der achtziger Jahre die Entwicklung digitalisierter Aufnahme- und Wiedergabeverfahren so weit vorangetrieben hatten, dass sie kurz vor der Marktreife standen, gab es noch ein...
Eine ziemlich degenerierte Gesellschaft sind sie schon, diese Götter: Wotan, der ständig abwiegelnde smarte Schwächling; Fricka, sein moralinsaures Eheweib; Donner, der aufbrausende Hohlkopf; Froh, der eitle Fant. Anthony Pilavachi arbeitet, zum Teil in zusätzlich eingefügten stummen Begegnungen, mit seinen Darstellern scharfe Charakterporträts heraus und führt sie...
Leonie Rysanek war ein Bühnentier, das sich in der Sterilität des Studios nicht ausleben konnte. Deshalb geben ihre Schallplattenaufnahmen nur einen vagen Eindruck ihres Künstlertums. Umso wertvoller sind die Mitschnitte ihrer Theaterauftritte, die in den letzten Jahren verstärkt und auch ganz legal auf den Markt gekommen sind. Die Vibrationen ihres dramatischen...