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Medien-Tipps #4

Heroes in Love; Nachtstudio

Tradita, sprezzata aus: Semiramide riconosciuta

CD: Heroes in Love

Sonia Prina widmet sich mit «Heroes in Love» dem wenig bekannten «italienischen» Gluck der 1740er-Jahre, als dessen Opernreform noch in weiter Ferne lag; sie hat damit, ähnlich wie sechs Jahre zuvor schon Cecilia Bartoli, eine echte Repertoirelücke im Blick: Sieben Titel sind Ersteinspielungen.

Die Bühnenwerke, aus denen die Arien stammen, entstanden zumeist in Oberitalien; zu den Ausnahmen gehören die 1750 in Prag aufgeführte Erstfassung von «Ezio» – mit Sonia Prina in der Titelrolle wurde die Oper  unter Alan Curtis auf CD aufgenommen und 2013 in Frankfurt auch szenisch reanimiert – und der bereits der nächsten Schaffensphase angehörende «Telemaco» (Wien 1765). Die mehrheitlich auf Libretti von Metastasio komponierten Werke folgen dem Typ der Opera seria, doch die Dacapo-Arien sind alles andere als Schablonenmusik. Virtuosität und Ausdruck stehen im Gleichgewicht, und eine Nummer wie «Tradita, sprezzata» aus «Semiramide riconosciuta» ist eine hochexpressive Szene, in der sich schon der spätere Musikdramatiker ankündigt. Mit ihrem körperhaften Brustregister und dem Feuer ihrer konturenscharf, aber ohne jede Härte gesungenen Koloraturen trifft Sonia Prina den heroischen Tonfall dieser Arien ausgezeichnet. Ihre Altstimme ist von enormer Flexibilität, filigrane Verzierungen und expressive Legatobögen sind mit gleicher Sorgfalt gestaltet. Eine bessere Empfehlung für die szenisch noch zu entdeckenden Werke ist kaum denkbar.

Max Nyffeler

Gluck: Heroes in Love – italienische Arien; Sonia Prina. Ensemble laBarocca, Ruben Jais; Glossa GCD 924101 (CD); AD: 2015-16

Podcast: Das freie Theater gibt es nicht?

Das «Nachtstudio» von Bayern 2 ging erstmals 1948 auf Sendung. Folglich wird das Format in öffentlich-rechtlichen Rundfunkkreisen liebevoll und durchaus berechtigt zum «Tafelsilber» gezählt. Die einstündigen Radio-Essays bemühen sich, kulturell ermunternd ein Ort der Reflektion und in den besten Fällen der «positiven Verunsicherung» zu sein. 

Ein verwandtes Ziel verfolgt auch die Freie Theaterszene, und so macht es ganz und gar Sinn, dass das eine über die andere eine Sendung macht. Autorin Stephanie Metzger sondiert poetisch-investigativ die Abwesenheit der Freiheit im «Freien Theater» und konferiert mit denen, die es gleichwohl versuchen und erstreiten wollen. 

Andreas Tobias

Die Reihe über Bühnen-Themen im «Nachtstudio» umfasst übrigens auch:
Was tun! Das Real-Theater des Milo Rau
Die neue Stadt und ihr altes Theater
Das Theater zwischen Reflexion und Politik