Mehr Fleisch

An den München Kammerspielen erzählt Johan Simons mit «Robinson Cruso, die Frau und der Neger» nach J. M. Coetzee den Robinson-mythos noch einmal nach, und Lars-Ole Walburg behält seine gute Laune auch dann, wenn den «Kirschgarten» lauter Rentner bevölkern

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So richtig politisch korrekt sieht diese Freitag-Skulptur ja nicht gerade aus. Der aus dem Jugendbuchklassiker «Robinson Crusoe» bekannte Ex-Kannibale, dem der Bühnenbildner Marc Warning auf der Bühne der Münchner Kammerspiele ein raumfüllendes Denkmal setzt, ist dem einsamen Urvieh King Kong wie aus dem Gesicht geschnitten: dieselben traurigen Hängeschultern, derselbe Blick ins Leere. Doch der «Neger» schaut nicht nur wie der Affe aus. Zu Füßen des Sitzriesen hat sein sarkastischer Schöpfer auch noch zwei todschicke Kücheninseln aufgefahren, in deren Töpfen es kräftig brodelt.

Wer kocht denn da – das wirklich radikal Andere? Und was – doch nicht etwa Menschenfleisch? Oder tritt gleich Tim Mälzer auf mit einer besonders pikanten Folge von «Schmeckt nicht, gibt’s nicht»?

Immerhin stammt J. M. Coetzees Roman «Mr. Cruso, Mrs. Barton & Mr. Foe», den Johan Simons hier in einer Bearbeitung des jungen belgischen Dramatikers Pieter de Buysser inszeniert, mitten aus dem Jahrzehnt der Political Correctness. Die PC-Bewegung, die um 1980 an den US-amerikanischen Universitäten entstand, glaubte fest daran, dass durch verordnete Veränderungen der Sprachpraxis Emanzipationshilfe für ...

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Theater heute April 2006
Rubrik: Aufführungen, Seite 22
von Eva Behrendt

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