Krems: Ligia Lewis «Water will (in melody)»

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Eins versagt hier sofort: der Orientierungssinn. Es ist, als blicke das Publikum in eine Dunkelkammer, in der ein seltsamer Film entwickelt wird – aber jemand macht versehentlich das Licht an. Frauen bewegen sich da wie groteske Avatare durch Zeiten und Zusammenhänge. Wunderbar der Anfang, wenn Ligia Lewis mit dem Grimm’schen Züchtigungsmärchen «Das eigensinnige Kind» einsetzt und Vamp-Performerin Dani Brown mit Gruselton und Hampelmanngalopp so ganz in ihrem Element ist. In «Water Will (in Melody)» gerät Ungeheuerliches, Unheimliches, Unbewusstes in Schwingung.

 

Vier Frauen tauchen aus der glänzenden Unterwelt wie Wasserwesen auf: Ligia Lewis und Susanne Sachsse tragen schwarzes Latex, Dani Brown tritt in weißen Hot-Pants und reflektierender Plastik-Latzhose auf, Titilayo Adebayo im Leinennachthemd, samt weißen Handschuhen und schwarzem Hut. Die Handschuhe spielen auf Pantomime und Minstrel-Show an, während Adebayo zu hip-hoppigem Gesten-Stop-and-Go grimassiert. Das Latexmaterial lässt Nachtclub-Assoziationen aufkommen, erzeugt aber auch posthumane Impressionen. Die weißen Figuren wirken vorder-, die schwarzen hintergründig – wie in einem Ballet blanc, in dem die dramatischen ...

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Tanz Mai 2019
Rubrik: Kritik, Seite 48
von Astrid Kaminski

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