Paradoxer Fall

Famose Ensembles, glänzendes Orchester: die «Bohème»-Aufnahme mit Anna Netrebko und Rolando Villazón

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Schon der Beginn der Oper klingt verhei­ßungsvoll: Das Symphonieorchester des Bay­erischen Rundfunks präsentiert sich unter der Leitung von Bertrand de Billy vom ersten Takt an als jener exquisite Klangkörper von geschmeidiger, in allen Belangen differenzierender Tongebung und rhythmi­scher Elas­tizität, als der er diese Aufnahme bis zum Schluss maßgeblich prägt.

Der gute Eindruck wird von der ers­ten Szene bestätigt: Boaz Daniel, den Wiener Opernliebhabern seit Langem als große Hoffnung seines Fachs bekannt, führt sich als Marcello mit virilem Timbre, sprechender Artikulation und hörbarer Lust an der Differenzierung zwischen Parlando und Kantilene ein. Rolando Villazón tut es ihm gleich, obwohl schon in seiner ersten Phrase («Nei cieli bigi») deutlich zu hören ist, dass er zur Zeit der Aufnahme (April 2007) stimmlich nicht in guter Verfassung war. In dieser wie auch in der folgenden Szene, wenn sich die beiden anderen Freunde hinzugesellen, fällt diese Einschränkung freilich kaum ins Gewicht, auch deshalb, weil ihm und Daniel mit dem stimmlich voluminösen Vitalij Kowaljow als Colline und dem eher elegant agierenden Stéphane Degout als Schaunard zwei Sänger von Eigenart und idealem ...

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Opernwelt Juli 2008
Rubrik: CDs, Seite 50
von Thomas Seedorf

Vergriffen
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