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Rezensionen August 2022

Bernd Moss (links), Daniel Zillmann (mitte), Linn Reusse (rechts), Foto: Thomas Aurin

Thomas Bernhard: «Auslöschung. Ein Zerfall» im Deutschen Theater Berlin

In «Auslöschung. Ein Zerfall» erzählt Franz Josef Murau, Ende 40, der ein finanziell unabhängiges Leben als Privatgelehrter und Sprachlehrer in Rom führt, wie er vom Unfalltod seiner Eltern und seines Bruders im heimatlichen Wolfsegg erfährt, zum Begräbnis zurückkehrt und danach sein alleiniges Erbe, das gleichnamige Schloss und den zugehörigen umfangreichen Land- und Forstbetrieb schließlich der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien überschreibt. Dabei durchdringen sich Reflektionen, Erin nerungen, spontane Wutausbrüche und apodiktische Urteilslust in einer Generalabrechnung mit den Eltern, deren fortwährender Nazibegeisterung, seinen anpasserischen älteren Schwestern, dem Freundes- und Bekanntenkreis aus ehemaligen Gauleitern und sonstigen Altnazis sowie hohen katholischen Prälaten aus Österreich und Rom. Seine Verwandten, so Murau, hätten «immer zu den gerade an der Macht Befindlichen gehalten und als geborene Österreicher die Kunst des Opportunismus wie keine zweite beherrscht».

Karin Henkel und Rita Thiele reduzieren das weitreichende Romanpersonal auf die engste Kernfamilie aus Vater, Mutter und beide Schwestern. Sogar Bruder Johannes ist gestrichen. Dafür gibt es am Ende eine ältere Statistenschar als Beerdigungsgäste, in der die eine oder andere Ordensbrust auf SA-Uniform mitspaziert. Bühnenbildner Thilo Reuter verzichtet auf eine imposante Wolfs egg-Schlosskulisse, sondern setzt, nachdem sich der Eiserne Vorhang hebt, auf eine in schwarz-graues Gedüster gehüllte Drehbühne voll sturmgeknickter, abgenagter Fichten mit ein paar traurigen Astresten, zwischen denen die Beteiligten umherschreiten und atemlos Text über die Rampe senden. Dazu gibt es gelegentlich skizzenhaft markierte Handlungsorte wie ein Glashaus für die aufgebahrten Särge, ein Stockbett für Muraus Kindheitstrauma als Bettnässer, zwei lange Tafeln für die innerfamiliären Beschimpfungsorgien. Über allem schwebt ein sich zuweilen etwas unvermittelt senkender oder steigender riesiger schwarzer Mond, dazu Nebelschwaden und dräuende Wolkenhologramme. Der atmosphärische Aufwand ist beträchtlich.

Die gesamte Rezension von Franz Wille lesen Sie in Theater heute 8-9 2022