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Gefunden

Der Komponist Heiner Goebbels wird 70

Wo entdecken Sie all die Dinge, die Sie zusammensetzen?
Ich glaube, die Dinge finden mich. Ich bin kein ehrgeiziger Schürfer, sondern irgendwie bleibt etwas an mir hängen, und dann entzündet sich daran eine Frage oder eine Arbeit. Das sind oft Zufälle, an die ich aber glaube. Glück spielt dabei auch eine große Rolle, wie überhaupt Glück in meiner Biografie eine große Rolle spielt. Ich hatte beispielsweise keinen Karriereplan. Ich wuss- te nicht, was ich werden wollte. Ich hatte Soziologie studiert und dann über die Begegnung mit dem Werk Hanns Eislers plötzlich den Eindruck, «Ah, die Musik, die ich privat immer mache, hat doch was mit Gesellschaft zu tun». Dann habe ich ein Schulmusikstudium angeschlossen, nicht um Lehrer zu werden, sondern um eine möglichst breite Ausbildung zu bekommen, und hatte dabei wunderbare Begegnungen: Bei Helmuth Rilling lernte ich diri- gieren, bei Klaus Billing hatte ich Klavierunterricht, der mich schon in den 1970er-Jahren mit Präparationstechniken von John Cage und Earle Brown konfrontiert hat.

Darüber bekam ich viele Anregungen und habe vieles «gefunden». Aber all das waren keine intentionalen Pläne. Nach wie vor ist mir  für die künstlerische Arbeit auch wichtig, keinen akademischen Prozess in  Gang zu setzen, der irgendwie von A nach G oder nach M geht, sondern dass  man ständig die Richtung der Arbeit ändern kann und bis zum Ende immer  offenbleibt. Auch bei meinen Musiktheaterstücken weiß ich oft noch lange  nicht, wie das Stück anfängt oder wo es aufhört, sondern ich erfinde oder fin-  de Teile, denen ich vertraue. Dann versuche ich aus diesen Teilen eine Rei-  henfolge zu bilden, die ich wieder umschmeiße. Meine Mitarbeiter sind dann  doch sehr irritiert, wenn das noch in den letzten Tagen passiert.    

Das gesamte Interview von Stefan Fricke lesen Sie in Opernwelt 8/22