
Es ist befreiend
Die Performerin Saioa Alvarez Ruiz über ihre Rolle in Florentina Holzingers «Ophelia»
In «Ophelia» gibt es viele extrem sportliche Nummern. Wie geht man in so eine Produktion hinein?
Das erste, was ich gemacht habe, war Panikshopping bei Decathlon.
Wie anstrengend war es?
Ich bin durch das ganze Training definitiv viel sportlicher geworden und habe es sehr genossen, meinem Körper endlich mal wieder was zuzumuten.
Sie treten in «Ophelia» als Jurymitglied auf und imitieren eine Geburt. Wie viel Mitspracherecht hatten Sie?
Wir durften alles ausprobieren, worauf wir Lust hatten. In den vorbereitenden Lectures ging es viel um die Bedeutung von Wasser in Bezug auf Weiblichkeit. Dieses ganze mystisch aufgeladene Fruchtbarkeitsthema und Ertrinken als weiblicher Tod usw. Und dann habe ich mich irgendwie auf das Thema Schwangerschaft versteift ...
Warum?
Mich hat dieses krasse Rumschreien fasziniert. Ich mag es, mich in Rage zu schreien, und dass es so eine krasse Hässlichkeit bekommt. Das würde ich mich im Alltag niemals trauen.
Wie fühlen Sie sich dabei?
Stark. Und durch das Nacktsein erst. Ich hätte nie gedacht, wie befreiend es ist, nackt auf einer Bühne zu stehen. Jetzt hat das Patriarchat nichts mehr gegen mich in der Hand.
Können Sie dieses bestärkende Moment noch ein bisschen genauer beschreiben?
Für 99 Prozent der Weltbevölkerung ist es ein Albtraum, splitterfasernackt auf der Bühne zu stehen. Doch wenn man diese Schwelle erstmal überschritten hat, fühlt man sich fast unbesiegbar. Zumal es in «Ophelia» ja auch nicht um «schön» oder «hässlich», sondern schlicht um den Körper in seiner Funktionalität geht. Das ist für Frauen, aber insbesondere auch für Menschen mit Behinderung extrem befreiend. Ich glaube, ein nackter, behinderter Körper ist doppelt und dreifach mit Scham behaftet, weil er als krank und hässlich gilt. Und ich glaube, durch so einen Abend, wie wir ihn machen, findet ganz viel Reparaturarbeit statt.
Das gesamte Interview von Anna Fastabend lesen Sie in Theater heute 3/23