Nur die Stärksten überleben

Im Zeichen der Laus: Frank Castorf und seine Volksbühnen-Allstars werfen sich bei den Wiener Festwochen in Dostojewskis «Schuld und Sühne»

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Da fehlt doch was? Hoch oben auf dem dreistöckigen verschraubten Wohnkubus blinken nur ein paar Lämpchen einsam um das leere Gerippe einer verrosteten Werbefläche, trauriger Rest irgendeines vom Wind verwehten Plakatständers. Noch vor kurzem hätte sich Bühnenbildner Bert Neumann die Gelegenheit nicht entgehen lassen, eine Videowand dort oben zu installieren, am besten umglänzt von einem Dutzend flackernder Monitörchen. Und jetzt das: ein trübe umblitztes Nichts.

 

Sonst Bühne as usual in Frank Castorfs Dostojewski-Containerdorf, das schon wesentlich großartigere Tage gesehen hat: eine Etagenschachtel der billigsten Sorte mit braunen Laminat-Platten im zusammengeschraubten Metallgerüst, dazwischen ein Labyrinth aus Feuerleitern wie in New Yorker Hinterhöfen. Auf der Seite noch ein Standard-Bauarbeiter-Heim im Schuhkarton-Format für Technik und Umkleide. Vorbei die Zeiten, als in Neumanns Ost/ West-Bungalows vor großen Fensterflächen bürgerliche Vorhänge wehten und im Inneren wenigstens eine geschmacklose Couchgarnitur wartete. Jetzt ist die Wohnschachtel bei sich angekommen: drittklassig, verschmiert, mit Klappliegen und offenem Klo wie in der billigsten Absteige. Alles kreiselt ...

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Theater heute Juli 2005
Rubrik: Aufführungen, Seite 4
von Franz Wille

Vergriffen
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