Fragespiele an der Zeitenwende
Weil’s endlich wieder schön war! Nach der letzten Premiere vor den Sommerferien, Tschechows Frühwerk «Die Vaterlosen», inszeniert von Jette Steckel als prachtvoll-sarkastischer Abgesang auf eine Generation früh Gescheiterter, gibt es zur Spielzeiteröffnung an den Münchner Kammerspielen gleich wieder ein verzweigtes Ensemblestück, das von kleinen und großen Fluchten und einer Welt im Umbruch erzählt: Bei «Im Menschen muss alles herrlich sein» von Sasha Marianna Salzmann ist zwar nur das (ironisch gemeinte) Titelzitat von Tschechow, aber Sehnsucht und Zweifel, das Schwelgen in Zu
kunft und Vergangenheit bei brüchiger Gegenwart lassen durchaus Verwandtschaft erkennen. Und auch sonst hat der zweite Roman der Dramatikerin Salzmann der Bühne Stoff in Fülle anzubieten, den Jan Bosse in seiner Inszenierung vielschichtig ausbreitet, in Teilen aber auch etwas zu ausführlich nachzeichnet.
Frauen im Zentrum
Erschienen 2021 bei Suhrkamp noch vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, spannt der Text seine Erzählbögen von den Ausläufern der Sowjetunion über die disruptiven 1990er nach deren Zusammenbruch, in denen der Westen für Ausreisewillige noch wie ein si -cheres Versprechen erscheint, ...
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Theater heute November 2023
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Silvia Stammen
In den Jahren des Frankfurter Auschwitz-Prozesses (1963–1965), des umfangreichsten und bedeutsamsten NS-Prozesses, der nach 1945 vor einem bundesdeutschen Gericht geführt wurde, erschien eine fünfbändige Dokumentensammlung des deutschpolnischen Historikers und Auschwitz-Überlebenden Joseph Wulf, die erstmals auf breiter Basis die Rolle von Intellektuellen und...
Das Theater blickt zurück ins Publikum. Sewan Latchinian hat eine Sitzreihe an die Rampe der Hamburger Kammerspiele gestellt, und da nehmen Nina Kronjäger und Stephan Benson Platz, freuen sich auf den Theaterabend und schauen in den Saal: Keine Distanz zwischen Bühne und Zuschauer:innen, was denen hier oben passiert, passiert auch uns da unten.
Latchinian,...
Sage niemand, dass Regisseurin Rahel Hofbauer die Zuschauer:innen im Regen stehenlassen würde. Guido Gallmann schlendert auf die Bühne, guckt erstmal, dann spricht er ins Publikum: ein bisschen Figurencharakterisierung, ein bisschen Backstory, ein bisschen Aufführungsgeschichte, ein bisschen Quelleninfo. Auf dass alle verstehen, um was es in «Emilia Galotti» geht....