Die Welt zu den Brettern
Ein Tanz-, Performance- oder Theaterabend ohne Publikum ist entweder eine sehr elaborierte Pointe – oder aber, und das ist wahrscheinlich öfter der Fall, eine mindestens schwierige Sache für alle Beteiligten. Kein Wunder also, dass das leere Theater und das Spiel vor leerem Haus zu den stärksten Angstbildern des Betriebs zählen. Eine hybride Produktion wie Gob Squads «Show Me a Good Time» spielt diese Angst live in sowie mit einem leeren Theater durch und zieht gerade hieraus ihre Faszinationskraft für ihr digitales Publikum.
Oder wie einer der Performer sagt: «This is what an empty theatre sounds like.»
Während der Coronapandemie wurde durch die notwendige physische Abwesenheit des Publikums aber nicht nur eine Angst real, sondern auch die Frage nach dem Verhältnis und Verständnis von Darstellenden Künsten und Publikum aktueller denn je. Und vielleicht hängt dies damit zusammen, dass, wenn der Sound des Betriebs ausfällt, nicht nichts zu hören ist, sondern, ähnlich wie in John Cages «4‘33‘‘», mindestens eine ganze Welt in ihrer Vielfalt und Differenz hörbar wird.
Ohne alte Diskussionen über Stadttheater und Freie Szene aufzuwärmen, lässt sich feststellen, dass die letzten zwei ...
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Theater heute Februar 2023
Rubrik: Kolumne, Seite 71
von Holger Bergmann
René Pollesch und Gob Squad gemeinsam an der Volksbühne. Da ist zunächst einmal ganz viel Erinnerung. An den Gießener Aufbruch um 2000 herum, als sich die Tore der Angewandten Theaterwissenschaften zur Praxis des Metropolen-Stadttheaters öffneten und Pollesch Gießener Vertraute im Prater auftreten ließ: Da war eine ungekannte Frische, als Gob Squad Passant:innen...
«Addicted to you», schallt es verheißungsvoll über die Bühne. Hinter Wänden aus dünnen weißen Fäden, aus denen Philip Rubner und Alexander Grüner drehbare Räume gebaut haben, geben sich die beiden Protagonisten Othello (Calvin-Noel Auer) und Desdemona (Nadja Robiné) in einem Kingsize-Bett auf Rollen dem Liebesspiel hin. Desdemona erhält ihr Tuch als Liebespfand,...
«Von hinten war es lustiger als von vorne», sagte der britische Dramatiker Michael Frayn, als er von der Seitenbühne aus eine Aufführung seines Stücks sah. Davon inspiriert, schrieb er «Der nackte Wahnsinn». Vor 40 Jahren wurde die Komödie in London uraufgeführt, 1992 in der Regie von Peter Bogdanovic verfilmt, mittlerweile ist sie Kult. Ein verdammt schlechtes...
