Ernst ist das Leben, künstlich die Kunst
König zu sein, ist kein Traumjob. Ständig streiten sich zwei, welche Entscheidung man als Regent auch fällt, zumindest einen Feind schafft man sich immer. Im Fall des glücklosen Herrschers Richard II., einem tragischen Träumer, dem zum Regieren schlicht das Talent fehlt, sieht man aber auch schön, was bei Shakespeares Königsdramen verschärfend hinzukommt: Der Mann hat es mit lauter Verwandten zu tun. Gute Onkels und böse Cousins, die ihn in Bedrängnis bringen.
Regisseur Johan Simons hat das selten gespielte Shakespeare-Stück «Richard II.
» im Vorfeld selbst als eine «sehr enge Familiengeschichte» beschrieben. Es passiert vergleichsweise wenig, man zerfleischt sich innerhalb der Verwandtschaft. Schon recht bald ist klar, dass mit König Richard II., der mit elf Jahren auf den Thron gekommen ist, kein Staat zu machen ist. Dass er sich ungefähr zu Halbzeit des Abends tatsächlich seinem Widersacher unterwirft, anstatt wie sonst üblich zu den rhetorischen oder echten Waffen zu greifen, ist dann aber doch wieder interessant. Das Stück erzählt, zumindest so, wie es Simons anlegt, auch von einer großen Erschöpfung.
Jan Bülow ist ein moderner Bartleby. Er spielt Richard II. im Stream des ...
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Theater heute Juli 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Karin Cerny
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