Gemeinsam für eine Sache
Der Humor darf nicht verloren gehen. Gerade wenn alles beklemmend wirkt. Wie in der Box des Deutschen Theaters Berlin an einem Freitag im März dieses Jahres. Man spielt «Zu der Zeit der Königinmutter» von Fiston Mwanza Mujila, ein nebulöses, flächiges Stück, das mit postkolonialistischer Grundierung von einer fiktiven «New Jersey Bar» erzählt und von den Abgehängten, die hier gestrandet sind. Schwüle drückt auf den kleinen Theaterraum, er ist kaum halb gefüllt.
Aus Sorge vor dem Corona-Virus sind die meisten Zuschauer zuhause geblieben; keine sieben Tage später wird der Spielbetrieb deutschlandweit eingestellt.
Franziska Machens liegt weite Strecken des Stücks über wie eine Porzellanpuppe auf einem Kissen. Aber irgendwann erhebt sie sich und gibt kurz einen dieser raunenden Monologe in zugleich verletzlichem wie leicht distanzierendem Ton: «Was will die Welt mit uns?» Der Text läuft auf die Beschreibung eines Mannes zu: «Der linke Arm war etwa drei Meter lang» – und plötzlich schüttelt Machens dazu ihren eigenen Arm, der länger und länger zu werden scheint. Es ist ein unvermuteter, herrlich skurriler Moment, als ob eine Ballerina in Trance aus sich herauswächst. Ein Auflachen im ...
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Theater heute Mai 2020
Rubrik: Theatertreffen Berlin, Seite 24
von Christian Rakow
Noch schien Brasilien verschont zu bleiben vom Virus, die Zahl der offiziell registrierten Infizierten war gering. Aber der unberechenbare Präsident kam gerade zurück vom Besuch bei Donald Trump, und zur Entourage gehörte auch Kommunikationschef Fabio Wajngarten – der war positiv getestet, und also ging auch Jair Bolsonaro in die Klinik. Die finalen Ergebnisse...
Zum letzten Mal Theater vor dem Lockdown, vielleicht sogar die letzte Premiere der Spielzeit: Zwei Tage vor Christoph Marthalers abgesagter Dieter-Roth-Uraufführung «Das Weinen (Das Wähnen)» konnte Leonie Böhm, Hausregisseurin am Schauspielhaus, ihren Büchner-Abend noch herausbringen. Es grenzt an ein Wunder, viele Theater hatten schon geschlossen, und am...
«Ich bin Nana», stellt sich Annick Choco vor. «Ich komme aus den Armenvierteln, um die Reichenviertel zu erobern. Genau wie der Cancan.» Und dann wird getanzt: Die Beine fliegen, die Röcke heben sich, das Fleisch wirbelt, und Matthieu Svetchine probt einen kurzen Lapdance auf dem Schoß einer freundlich irritierten Zuschauerin. «Galop infernal», unterlegt mit fetten...