Frauenpower statt Räuberpathos

Leonie Böhms «Die Räuberinnen» nach Friedrich Schiller an den Münchner Kammerspielen

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Vor drei Jahren marschierten Schillers «Räuber» noch als skandierender Männer-Bund, angeschirrt und gleichgetaktet von Ulrich Rasche, im Münchner Residenztheater über tonnenschwere Riesenlaufbänder (weshalb die Inszenierung beim Theatertreffen 2017 nur als Video-Aufzeichnung gezeigt werden konnte) und erzeugten dabei mit geballtem Gruppenpathos einen aufwühlend abstoßenden Sog.

 

Um Gemeinschaftsgefühle geht’s auch bei Leonie Böhm, aber grundlegend anders gepolt, wenn sie an den Münchner Kammerspielen mit einem rein weiblichen Cast und Team «Die Räuberinnen» in einer kollektiven Stückentwicklung, sehr frei aus Schillerschen Gedankengängen heraus zu einem unverblümt weiblichen (Self-)Empowerment umformuliert. Schillers zwischen Trotz und Revolte, idealistischer Anarchie und infamem Terror schlingerndes Familienpsychodrama gibt da erstaunlich viel her, wenn man sich die Sache mal ganz unverkrampft, aber mit durchaus ernsthaftem eigenen Anliegen anschaut. 

«Das gewohnte Denken vom Geist aus verändern, das wäre doch Kunst», stellt Gro Swantje Kohlhof zu Beginn salopp in Aussicht, nachdem sie zusammen mit ihren Mitspielerinnen, Sophie Krauss, Eva Löbau, Julia Riedler und der ...

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Theater heute Mai 2020
Rubrik: Was fehlt?, Seite 19
von Silvia Stammen

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