Stuttgart: Vom Ende her
Wieder am 2., 7. und 26. Juni 2017 in Stuttgart.
Am Anfang ist schon alles am Ende. Und dieses Ende ist betörend ruhig, fast meditativ und unbedingt sehenswert. In rotes Licht getaucht liegen Menschen am Boden, zärtlich miteinander verwoben, zu leisen Gitarrenklängen in Streicheleinheiten vertieft. Nur eine scheint nicht ganz dazuzugehören: Die Ranjewskaja (Astrid Meyerfeldt), ehemals Hausherrin hier, traumwandelt im eleganten roten Hosenanzug zwischen diesen Körpern umher. Längst ist alles verkauft, und mit ihrem taxierenden Blick scheint sie in Erinnerungen zu schwelgen, die nur ihr gehören.
Später muss man sie wegtragen, denn das Loslassen fällt schwer.
In seiner Stuttgarter Inszenierung von Tschechows «Der Kirschgarten» beginnt Robert Borgmann mit dem Schluss. Und dieser erste – eigentlich ja letzte – Akt ist der stärkste seiner Inszenierung. Auch wenn man nicht so recht begreift, warum er das Ende an den Anfang stellt. Die Bühne hat der Regisseur wie immer selbst gestaltet. Nach hinten zulaufende Wände begrenzen den Raum, den Borgmann per Projektion mit grafischen Mustern und farbigem Licht bespielt. Ein Eisblock dient als Bank, die vor sich hinschmilzt – das Verschwinden als Sitzgelegenheit. Borgmanns Szenerie ist im ...
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Theater heute Juni 2017
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Kristin Becker
Missmutig drückt sich Iwanow – ein in jeder Hinsicht blasser Mittvierziger mit blöndlichem Seitenscheitel – an der heimischen Küchenzeile entlang. Seine Frau Anna Petrowna hantiert wacker lächelnd mit Obst, Gemüse und Abendbrotschüsseln und ginge locker als personifizierte Ikea-Küchen-Idylle durch, wenn ihr Kopftuch und die Strickjacke, in die sie sich mit großer...
1979 wurde Peter Shaffers «Amadeus» auf der großen Olivier Bühne des National Theatre aus der Taufe gehoben. Der fiktionale Kampf um die Gunst von Joseph II. zwischen dem Wiener Hofkomponist Salieri und Wunderkind Mozart wanderte von hier ins West End und zum Broadway und sahnte schließlich als Film acht Oscars ab. Über 30 Jahre später inszeniert Michael...
Was ist dieser Tartuffe für einer? Ein Sektenguru, der einen Vater seiner Familie entfremdet, indem er gottgefällige Gebote ausspricht. Vielleicht sogar die Inkarnation eines ziemlich trendigen asketischen Zeitgeistes: gegen Rauchen, Trinken, Laisser-faire. Und hintenrum natürlich durch und durch verlogen. Wie die meisten Reinheitsapostel.
Bei Martin Laberenz in...