Alternative Fakten, Reality Checks und Wahrnehmungsverschiebungen
Ab 20. Juni wieder in London: «The Ferryman»
ssadsda
1979 wurde Peter Shaffers «Amadeus» auf der großen Olivier Bühne des National Theatre aus der Taufe gehoben. Der fiktionale Kampf um die Gunst von Joseph II. zwischen dem Wiener Hofkomponist Salieri und Wunderkind Mozart wanderte von hier ins West End und zum Broadway und sahnte schließlich als Film acht Oscars ab. Über 30 Jahre später inszeniert Michael Longhurst das Stück am selben Ort. Und setzt statt eines vielleicht etwas in die Jahre gekommenen charmant-bösewichtigen Kostümdramas einen messerscharfen, absolut heutigen Thriller auf die Bühne.
Vernichtende Missgunst gegen einen Konkurrenten, beschränktes Denken des normgebenden Umfelds, langsam wirkendes Gift des genial angesetzten Intrigenhebels.
Salieri sitzt zwischen modernen Orchesterstühlen in einem Rollstuhl an der Bühnenkante. Knabbert Dunkin’ Donuts und spricht das Publikum, die «Geister von Morgen», direkt und gerade an. Er brauche Zeugen für sein dunkles Geständnis: Er sei Mozarts Mörder. So weit, so erwartet. Bis auf die Donuts. Dann aber tut Longhurst zwei Griffe in seine konzeptionelle Trickkiste, die das Stück komplett entstauben.
Zum einen baut er mit einem wahren Versatzstückfest in seinen leeren schwarzen ...
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Theater heute Juni 2017
Rubrik: International, Seite 26
von Patricia Benecke
Was ist dieser Tartuffe für einer? Ein Sektenguru, der einen Vater seiner Familie entfremdet, indem er gottgefällige Gebote ausspricht. Vielleicht sogar die Inkarnation eines ziemlich trendigen asketischen Zeitgeistes: gegen Rauchen, Trinken, Laisser-faire. Und hintenrum natürlich durch und durch verlogen. Wie die meisten Reinheitsapostel.
Bei Martin Laberenz in...
Mit einem lauen Witz beginnt das Gespräch zweier Beschädigter; beide, er, Michael, und sie, die «Renata» genannt wird, treffen aufeinander in der Cafeteria einer Jugendpsychiatrie; sie kellnert und bringt fast immer Tee, wenn er Kaffee möchte. Und umgekehrt … Was sie denn so mache außerhalb des Cafés, fragt er. «Terrorismus!» sagt sie – hä? Nochmal bitte:...
Am Anfang ist schon alles am Ende. Und dieses Ende ist betörend ruhig, fast meditativ und unbedingt sehenswert. In rotes Licht getaucht liegen Menschen am Boden, zärtlich miteinander verwoben, zu leisen Gitarrenklängen in Streicheleinheiten vertieft. Nur eine scheint nicht ganz dazuzugehören: Die Ranjewskaja (Astrid Meyerfeldt), ehemals Hausherrin hier,...