Wien: Der Dichter und sein Henker
Die Paradoxie des Begriffs «aufgeklärter Absolutismus» bringt E.T.A. Hoffmann in seinem Märchen «Klein Zaches genannt Zinnober» (1819) satirisch auf den Punkt: Die Geschichte fängt damit an, dass ein Fürst per Dekret die Aufklärung einführt. Zugleich werden alle Feen als «Feinde der Aufklärung» des Landes verwiesen. Eine von ihnen rächt sich für die Schmach, indem sie einen kleinwüchsigen, missgestalteten Knaben namens Zaches – genauer gesagt: dessen rote Haare – mit Zauberkräften ausstattet.
Obwohl dieser nach wie vor nicht nur mit einem unattraktiven Äußeren, sondern auch mit einem denkbar uncharmanten Wesen ausgestattet ist, fliegen ihm jetzt die Herzen zu. Ganz offensichtlich von anderen erbrachte Leistungen werden ihm zugeschrieben, und Klein Zaches, der sich inzwischen Herr Zinnober nennt, bringt es in kürzester Zeit zu Ministerwürden. Nur der Student Balthasar ist immun gegen den Hokuspokus, und mit Hilfe eines Magiers gelingt es ihm am Ende, Zinnober zu entzaubern.
Ein unqualifizierter Rüpel mit wunderlichen Haaren, der mit dreisten Methoden Karriere macht: Hoffmanns böse Polit-Parabel ist eine Steilvorlage für eine saftige Trump-Satire. So einfach aber macht es sich Péter ...
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Theater heute April 2017
Rubrik: Chronik, Seite 60
von Wolfgang Kralicek
Eva Behrendt Herzlichen Glückwunsch, Ihr erstes Theaterstück «Vereinte Nationen» ist gleich zu den Mülheimer Stücken eingeladen geworden!
Clemens Setz Danke, das freut mich sehr. Das hätte ich gar nicht erwartet, mein Stück ist ja, von den benutzten Technologien mal abgesehen, eher zeitlos.
EB Wirklich? «Vereinte Nationen» erzählt davon, wie ein Vater sich und seine...
Es gibt sie noch, selbst in unserer überinformierten und ausdiskutierten Welt, Themen, die jeden einzelnen betreffen und über die doch beharrlich geschwiegen wird. Und wenn sich jemand daran macht, mit behutsamer Neugier nachzufragen, wie die deutsch-amerikanische Theatermacherin Karen Breece in ihrer jüngsten Theaterproduktion «don’t forget to die», dann liegt in...
Neue Stücke
Dass durch Wiederholung aus Narration eine vibrierende Skulptur werden kann, wollen die kanadische Lyrikerin Anne Carson und der isländische Künstler Ragnar Kjartansson an der Volksbühne mit «Raw
Salon: Ein Rohspiel» beweisen, und Kjartansson steht selbst auf der Bühne! Kunst! Hautnah an der tristen Realität sind dagegen Dirk Gieselmann und der Fotograf...