Verschärfte Bedingungen
Es überrascht doch stets von Neuem, wie schnell noch immer, kaum zupft mal
jemand die gewohnten Sehmuster ein wenig auseinander, die Aufregung anschwillt und Bannworte wie «artifiziell», «formal» oder gar «Kunst» (gemeint ist die bildende oder installative) mehr oder weniger vorwurfsvoll durchs Parkett schwirren.
Als sie vor einem Jahr Marieluise Fleißers «Fegefeuer in Ingolstadt» an den Münchner Kammerspielen inszenierte, mit zombiehaft agierenden Figurenhülsen, vibrierenden Stills und dem kompletten Text als Playback, zog sie damit den Zorn vieler Theaterpuristen auf sich, die es lieber unplugged mögen. Der Rest war spontan ebenso irritiert wie begeistert, und es folgten schließlich sehr zu Recht nicht nur die Einladung zum Berliner Theatertreffen, sondern gleich noch der 3sat-Theaterpreis 2014. Da nachzulegen ist schwer, aber nicht unmöglich, wie Susanne Kennedys neuer Coup, ebenfalls an den Kammerspielen, zeigt.
Auch diesmal hat sie sich eine Vorlage ausgesucht, von der man zunächst nicht sagen würde, dass sie nach Gegenwart riecht. Der Film «Warum läuft Herr R. Amok?», den Michael Fengler im Jahr 1970 zusammen mit Rainer Werner Fassbinder konzipierte und dann weitgehend ohne ...
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Ein beinahe gleißendes Himmelblau, vor dem das Gelb der Fresien umso sonniger leuchtet. Ein sattes Tiefgrün, vor dem sich das silbergraue Hundefell vorteilhaft abhebt. Ein kräftiges, laszives Pink. Ein schwarz-cremefarben gewürfeltes Blättermuster, das verwirrende 3D-Effekte hervorruft: In solchen Farben und Tapeten erstrahlen die Räume des fiktiven Preußens, das...
November 2014. In zwei Wochen beginnen die Proben zu «Zement» von Heiner Müller am Maxim Gorki Theater. Dieser Stoff war ein Vorschlag des Hauses, den ich mit Freude angenommen habe. Also musste ich «Zement» wieder lesen und war einigermaßen gespannt darauf, welche Relevanz der Text jenseits seiner ästhetischen Qualität jetzt, genau 25 Jahre nach dem Mauerfall,...
«Liquidation», erschienen 2003, der letzte der großen Romane von Imre Kertész, auch wenn er in der Buchausgabe nur 142 Seiten umfasst, enthält Teile eines Theaterstücks. Dieses Stück ist die wichtigste Hinterlassenschaft von B., einem «Schriftgelehrten», wie es einmal heißt, der sich im Jahr 1999 in Budapest das Leben genommen hat. Eigentlich aber ist das Stück...