Die zwei Enden der Wurstigkeit

Das Berliner HAU führt zum Abschied von Matthias Lilienthal die TH-Bestenliste an, dicht gefolgt von der Volksbühne. Aber ist Berlin damit wieder das Theaterparadies der Bühnenrepublik?

Theater heute - Logo

PR-Profis würden wahrscheinlich resigniert in sich zusammensacken angesichts der halsbrecherischen Wege, die Frank Castorf – Langzeit-Ikone der zwischenzeitlich ins Schlingern geratenen Avantgarde-Marke Volksbühne Berlin – imagetechnisch so beschreitet. Anfang des Jahres – Castorf hatte gerade seinen Intendanten-Vertrag bis 2016, mithin ins Rentenalter hinein, verlängert – hockte in seiner Kleist-Inszenierung «Die Marquise von O...

» der Schauspieler Sylvester Groth als mauliges Castorf-Alter-Ego auf der Bühne und stöhnte wiederholt in Bert Neumanns Biedermeier-Mobiliar hinein, wie grauenvoll sich die Vorstellung anfühle, hier sage und schreibe noch bis 2016 hausen zu müssen – und das, wo nicht erst seit gestern alles «so sinnlos geworden» sei. Strafverschärfend wurde dazu – nicht das einzige konzeptionstragende Déjà-vu aus glorreichen Uralt-Volksbühnen-Zeiten – Kartoffelsalat mit extra schlaffen Würstchen verzehrt.

Diese, sagen wir mal, über mehrere Stufen hinweg mindestens stark vermittelte Ironie ist nicht nur nicht jedes Imageberaters oder Marketingexperten Sache, sondern setzt definitiv auch beim Durchschnittszuschauer eine gewisse Bereitschaft zur Selbstkasteiung voraus. Was ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Theater des Jahres, Seite 116
von Christine Wahl

Weitere Beiträge
Wie Achterbahn und Seifenblasen

Drei junge Frauen entwerfen einen radikalen Glücksplan für die Gesellschaft, geraten bei der Umsetzung in die Fallstricke des Systems und fahren ihre Mission mit Vollgas gegen die Wand.

Laura Naumann erzählt die Geschichte vom Ende her: Die Figuren sind tot und rekapitulieren von einem nicht weiter konkretisierten Ort aus die beste Geschichte ihres Lebens, ihres...

Heroine unserer Zeit

Wer einmal Constanze Becker gegenüber gesessen und in ihre großen dunklen Augen geblickt hat, wird die Tiefgründigkeit, die Anmut und die Wahrhaftigkeit des Schauspielerberufs erahnen können. Es war kurz vor der Sommerpause 2006, als ich Constanze Becker das erste Mal begegnete. Wir saßen auf dem Vorplatz des Deutschen Theaters, ich war dort Schauspieldirektor, und...

Spurlos

Anne Nather ist eine junge Autorin, die keine Angst vor Geschichten hat. Menschen finden sich in plötzlich veränderten Situationen wieder und begegnen sich und ihrer Umwelt unter neuen Vorzeichen. Meist ragen Krankheit, Unfälle oder Tod in ihre Texte hinein, die zu dem Versuch zwingen, sich dem Leben in all seinen Widrigkeiten zu stellen.

«Das Weiß an den Rändern...