Heroine unserer Zeit

Das wahrhaft Große ist meist sehr einfach: Constanze Beckers Medea

Theater heute - Logo

Wer einmal Constanze Becker gegenüber gesessen und in ihre großen dunklen Augen geblickt hat, wird die Tiefgründigkeit, die Anmut und die Wahrhaftigkeit des Schauspielerberufs erahnen können. Es war kurz vor der Sommerpause 2006, als ich Constanze Becker das erste Mal begegnete. Wir saßen auf dem Vorplatz des Deutschen Theaters, ich war dort Schauspieldirektor, und Constanze sollte von Düsseldorf aus zu uns ins Ensemble wechseln. Das war für mich eine phänomenale und folgenreiche Begegnung – und ich glaube, ihr ging das ähnlich.

Ich hatte sie noch nie spielen gesehen, aber mir war sofort klar, dass sie Klytaimnestra in meiner «Orestie» sein muss. Und ich kann sagen: Dieser erste Instinkt hat sich in jeder Probe unserer bis heute vier gemeinsamen Arbeiten bestätigt – und immer wieder aufs Überraschendste eingelöst.

Constanze hat einen unbedingten und kompromisslosen Willen, eine eiserne Selbstdisziplin. Man könnte auch sagen, ein besonders ausgeprägtes Arbeitsethos, das aber nie banaler Ehrgeiz ist. Sie ist gänzlich uneitel und damit vollkommen autonom, befreit von allen Moden, Manierismen und Effekten. Wer sie nicht kennt, wird sie vielleicht als kühl, verschlossen und eher ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Die Spieler des Jahres, Seite 92
von Michael Thalheimer

Weitere Beiträge
Ausweitung der matriarchalen Kampfzone

Die Steigerung von Mutter ist jüdische Mutter, und die Steigerung von Muttersprache ist Mameloschn, das Jiddische. Mit beidem setzt sich Marianna Salzmann in ih­rem Stück «Muttersprache Mameloschn» auseinander: mit der Mutter als Problem und dem Jiddischen als Erbe, das für ihre jüngste Figur Rahel eher eine Großmuttersprache ist, die es wiederzuentdecken und neu...

«Sometimes we sit and think»

TH Kreativität ist mittlerweile eine generelle Forderung an jeden Zeitgenossen. Kein Mensch, kein Unternehmen, kein Produkt, das nicht kreativ und damit innovativ sein will, das nicht immer besser, perfekter, anders werden will. Dabei wird aus der schönen Selbstentfaltung von einst möglicherweise ein gar nicht so schöner Kreativzwang. Dem wollen wir nachgehen – in...

Die Stücke des Jahres

Unterschiedlicher könnten die Stücke des Jahres nicht sein: Im deutschen Sprachraum siegt Peter Handkes Geschichtssprachraumdrama «Immer noch Sturm» vor René Polleschs Individualiätsgruppenturnübung «Kill your Darlings!». Das ausländische Stück des Jahres ist Simon Stephens’ internationales Krimipuzzle «Three Kingdoms». Texte, Reden und Gesprächsbeiträge von Thomas...