Raphael Haddad/ Schauspielhaus Zürich

Zürich: Verdrängung durch Wortschwall

Katja Brunner «Den Schlächtern ist kalt oder Ohlalahelvetia» (U)

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Über die Schweiz liefen 75 Prozent der Devisengeschäfte des Dritten Reiches, seit 1940 belieferte das neutrale Land ausschließlich die «Achsenmächte» Deutschland und Italien mit Waffen, 1942 schloss es seine Grenzen für jüdische Flüchtlinge. Doch das Bild einer Schweiz, die die Jahre 1933 bis ’45 in Neutralität und fern jeder Mitschuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus verbrachte, hält sich bis heute.

Erkenntnisse aus der historischen Forschung und Aufarbeitung, die endlich in Gang kam, als 1996 die offizielle «Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg» ihre Arbeit aufnahm, dringen nur langsam ins sogenannte kollektive Gedächtnis vor. Den Prozess der diskursiven Beschönigung und des Verdrängens in der Schweiz macht die Dramatikerin Katja Brunner in ihrem eigensinnigen neuen Stück «Den Schlächtern ist kalt oder Ohlalahelvetia» zum Thema.

Drei Frauen und ein Mann, Julia Kreusch, Lisa-Katrina Mayer, Robert Rožic und Vreni Urech zeigen in Barbara Falters Uraufführung in der kleinen «Kammer» des Schauspiels Zürich solides, relativ statisches Erzähltheater. Verteilt auf den freien Flächen im Rutschbahn-DNA-Doppelhelix-Bühnenbild von Dominik Freynschlag ...

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Theater heute Februar 2018
Rubrik: Chronik, Seite 55
von Cornelia Fiedler

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