Wut/Bericht/Erstattung
H err Jauch, wo sind Ihre Kinder / in der Schule / sind Sie sicher» – mit diesen Worten beginnt Oliver Kluck sein Stück «Feuer mit mir», das er als Auftragswerk für das Schauspiel Chemnitz geschrieben hat. Ob man am Ende dieser Replik einen Punkt setzt oder ein Fragezeichen – zwischen diesen beiden Ausschlägen eines Pendels bewegt sich der Autor mit seinem Text und damit innerhalb eines Themas, das eine Nation erschüttern bzw. deren kulturelle Institutionen in eine tiefe Krise stürzen kann: Amoklauf an Schulen.
Doch nicht das konkrete Ereignis oder eine individuelle Täterbiografie interessieren den Autor, auch nicht der Umstand, das ein solches Ereignis nur kurze Zeit virulent ist und die Anstrengung der Ursachensuche schnell abebbt. Sein Aufhänger ist die bevorstehende Wiedereröffnung einer Schule, die in Folge eines Amoklaufes einer kompletten baulichen Umgestaltung und Modernisierung unterzogen wurde. Doch im Vorfeld lässt der Autor verschiedene Akteure zu Wort kommen. In seinem Verzicht auf die Zuordnung des Textes zu spezifischen Sprechern oder Figuren macht er Stimmen hörbar, die jenseits einer reinen Textfläche klar voneinander abgrenzbar mal direkt und mal weitläufig im ...
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Theater heute Jahrbuch 2010
Rubrik: Die neuen Stücke der Spielzeit, Seite 184
von Esther Holland-Merten
Eigentlich war es ein Kamikaze-Unternehmen – und wurde das Theaterwunder des letzten Sommers: Ein vier Stunden langer Abend über die Liebe in bedrängten Umständen, die gegen alle Erwartung und Erfahrung nicht scheitert, weil beide Beteiligten, der (bald schon abgebaute) Herrenmodenverkäufer Johannes Pinneberg und die Näherin Emma Mörschel, genannt Lämmchen, einfach...
Die Ausgangssituation des Stückes «Tod und Auferstehung der Welt meiner Eltern in mir» von Nis-Momme Stockmann wird vom Autor charakterisiert durch eine Farbe, die eigentlich eine Nicht-Farbe ist: grau. Grau wie ein Gesicht, aus dem die Farben schwinden, grau wie die graue Maus, die ein Sinnbild für die Unscheinbarkeit ist, oder wie die graue Eminenz, der etwas...
1. Teil Spurensuche
Früher begann der Tag mit einer Schusswunde. Im Juni 1967 reist Ernst Wendt für «Theater heute» zur Experimenta nach Frankfurt am Main. Hier sein Bericht aus Heft 7/67:
«Der Schuß, der den Studenten Benno Ohnesorg in den Hinterkopf traf, fiel während der ersten Stunde der Experimenta II, das Stockholmer Scala-Theater zeigte im Theater am Turm...