«Wir haben doch Gruppe!»
Die Truppe, die da ihren Feierabend auf einem Kreativität simulierenden Tapeziertisch im Hamburger Thalia Theater abhockt, könnte direkt von einem Ayurveda-Kurs aus Berlin-Prenzlauer Berg weggecastet sein. Wie in einem Standbild eingefroren, schauen die Anzug-, Goldfummel- und Blumenkleidträger/innen erst mal minutenlang stumm ins Publikum.
Einzig die stehende Kopftuch-Seniorin – offenbar ein Opfer prekärer Schwarzarbeitsverhältnisse – muss sich unermüdlich an den Farbeimern zu schaffen machen und eine zwischen zwei Papierrollen gespannte Leinwand, die sich im Laufe der Aufführung langsam von links nach rechts bewegt, mit einer naiven Kindergarten-Sonne bepinseln.
Nach gefühlten zehn Minuten klingelt das Handy eines korpulenten Anzugträgers (Josef Ostendorf). «Nein, ich kann heute nicht», flüstert er schuldbewusst ins Gerät. «Wir haben doch Gruppe: Meditatives Schweigen.»
Der lange Weg zum neuen Menschen
Weil es sich bei dem Dutzend Klienten auf Katrin Bracks Bühne aber offenbar um besonders hartnäckige Fälle handelt und eine therapeutische Einzelmaßnahme bei weitem nicht reicht, rafft sich die Schweigegruppe in den folgenden zwei Stunden von Luk Percevals Gorki-Bearbeitung «Kinder ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Im Gefolge der Nobelpreisverleihung an die rumäniendeutsche Autorin Herta Müller wurde auch über die Kopfgelder berichtet, mit denen die Bundesregierung über Jahrzehnte dem rumänischen Staat Bürger abkaufte – und half, die Ceaucescu-Diktatur aufrecht zu erhalten. Die rumänische Theatermacherin Gianina Cãrbunariu interviewt nun Siebenbürger Sachsen und Banater...
Wenn man sich mal wieder richtig wohlfühlen will in seiner mittleren bundesdeutschen Durchschnittsexistenz, dann sind die neuen Stücke von Sibylle Berg ein schöner Anlass.
Zum Beispiel «Nur Nachts». So gegen vier Uhr morgens ist der körpereigene Serotoninspiegel zuverlässig an seinem tiefsten Punkt. Wer das Pech hat, um diese Zeit aufzuwachen, kann sich auf eine...
Franz Wille Wie lange hat denn diesmal die letzte Jury-Sitzung gedauert?
Christoper Schmidt Circa sechs Stunden. Wir haben etwas später angefangen, weil drei Juroren am Abend davor noch in einer Vorstellung in Essen waren und der Zug wieder mal Verspätung hatte.
FW In diesem Jahr hat in den letzten Wochen eine besonders heftige Reiseaktivität eingesetzt.
Schmidt...